Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 110, Nr. 5, 1.3.2020, (389) 1.700 Beschwerden über SmileDirect- Club ein. Zum Vergleich: Align Tech- nology hat in mehr als zwei Jahrzehn- ten vier Beschwerden erhalten. DER HERSTELLER WÄHNT EINE SCHMUTZKAMPAGNE Susan Greenspon Rammelt, Chef- syndikus von SmileDirectClub, be- hauptet dagegen, dass die überwie- gende Mehrheit der Kunden mit dem Unternehmen zufrieden sei. Bei mehr als 100.000 Bewertungen auf der eigenen Website ergebe sich eine durchschnittliche Kundenbewertung von „4,9 von 5“. Weniger als 5 Prozent der Kunden hätten eine Rückerstattung erhalten. Die Erfolgsrate der Aligner bleibt allerdings im Dunkeln. Nach dem Selbstverständnis des Unter- nehmens sind die unternommenen rechtlichen Schritte notwendig, um sich zu schützen. „Wenn wir glauben, dass es eine organisierte Kampagne gibt, die unseren Ruf bei Verbrauchern, Zahnärzten und/oder Investoren schädigt, werden wir uns und unsere Mission verteidigen“, wird Greenspon Rammelt zitiert. Wie die New York Times weiter aus- führt, reichten im September 2019 einige Kunden eine Sammelklage gegen das Unternehmen ein, in der sie falsche Werbung und Verstöße gegen die Vorschriften der FDA anmahnten. Mit Ausnahme von zwei Klägern zogen sich jedoch alle anderen später aus der Klage zurück, da sie aufgrund der von ihnen unterzeichneten Er- klärungen zur Beilegung von Streitig- keiten im Schiedsverfahren verpflichtet waren. 66 PROZENT FINANZIEREN IHRE THERAPIE ÜBER SDC Aus Greenspon Rammelts Sicht handelt es sich dabei nur um Randerscheinun- gen des großen wirtschaftlichen Erfolgs. Tatsache sei, dass mehr als 750.000 Kunden wirklich glücklich sind. Laut New York Times haben rund zwei Drit- tel davon für die Behandlungskosten einen Finanzierungsvertrag bei dem Unternehmen abgeschlossen – mit einem jährlichen Zinssatz von 17 Prozent. mg TV-SENDER NBC BERICHTET – UND BEKOMMT POST VOM ANWALT Jüngst hat ein Bericht des US-Hörfunk- und Fernsehnetzwerks National Broadcasting Company (NBC) zum SmileDirectClub für Aufsehen in den USA gesorgt. Nur Stunden nach der Ausstrahlung informierte die Aktien- gesellschaft ihre Investoren, NBC habe tendenziös und falsch berichtet – und forderte von dem Sender eine Gegendarstellung. Im Zentrum des viereinhalb Minuten langen Nachrichtenclips steht die Kundin Anna Rosemond. Die Frau bemerkte dem Bericht zufolge nach einem Jahr Probleme, die durch die ausschließlich online betreute Aligner-Behandlung des SmileDirectClubs entstanden waren. Als mehrere Versuche scheiterten, einen behandelnden Spezialisten des Unternehmens zu konsultieren, suchte sie einen niedergelassenen Kieferorthopäden auf. Der bescheinigte ihr laut Bericht einen Kreuzbiss sowie eine Fehlausrichtung der Zähne, die möglicher- weise durch die Aligner verursacht worden sei. Die daraus folgende Belastung der Nacken- und Kiefermuskeln könne ursächlich für jene Migräne sein, unter der Rosemond neuerdings litt, schlussfolgern die Macher des Berichts. Eine Stellungnahme zum konkreten Fall lehnte SmileDirectClub mit Verweis auf datenschutzrechtliche Gründe ab. Ohnehin liege die Verantwortung für die Behandlung nicht beim Unternehmen, sondern bei den rund 250 Zahn- ärzten, die für das Unternehmen nach eigenen Angaben bisher mehr als 750.000 Fälle medizinisch betreut haben, lautet die Aussage. Die Ursachen für etwaige Probleme sieht Susan Greenspon Rammelt, Chefsyndikus von SmileDirectClub, ausschließlich in mangelnder Compliance der Kunden. Diese folgten womöglich nicht korrekt allen Produktanweisungen oder hätten auf den obligatorischen Besuch eines niedergelassenen Zahn- arztes im Vorfeld der Behandlung verzichtet. Den Umstand, dass Personal des SmileDirectClub in verschiedenen Shops des Unternehmens Reportern mit versteckter Kamera eben diesen Sicherheitscheck verschwiegen – und damit ausdrücklich der offiziellen Empfehlung widersprachen – bewertete Greenspon Rammelt als bedauerliches Versäumnis. Die betreffenden Personen hätten womöglich einfach vergessen, dass die Anweisung eine andere sei, so die lapidare Antwort. Deutlich stärker war die Reaktion auf die Ausstrahlung des Nachrichten- beitrags: Am nächsten Tag bekam der Sender von einem Anwalt des Unter- nehmens die Aufforderung zur Gegendarstellung. Das Schreiben, das dem Internetportal Yahoo Finance vorliegt, listet angeblich mehr als 20 Beweise für eine tendenziöse, unfaire und fehlerhafte Berichterstattung auf. Nach Darstellung des SmileDirectClub besteht der einzige Zweck der Geschichte darin, „Patienten zu erschrecken“ und „den Marktwert des Unternehmens negativ zu beeinflussen“. NBC habe ausgewählte Fakten unterschlagen und sich zweifelhafter Quellen bedient. An einem Punkt seien die Reporter einer von Dental-Handelsorganisationen bewusst getreuten Fehlinformation aufgesessen, argumentiert SmileDirectClub. So gebe es – anders als berichtet – keine Untersuchung durch die US-Lebens- mittel- und Arzneimittelbehörde FDA und Handelskommission FTC. Das sei „nichts anderes als die jüngste einer Reihe von wettbewerbswidrigen Werbe- taktiken, die darauf abzielen, unseren Erfolg zu begrenzen“, heißt es in einem Schreiben des Unternehmens an seine Investoren. Ein zitiertes Schreiben von neun Kongressabgeordneten an die beiden Behörden existiere zwar, sei jedoch nur der Versuch des Berufsstands, ein legitimes, aber unliebsames Geschäftsmodell zu diskreditieren. Einziges Indiz: fünf der neun Abgeordneten sind Zahnärzte. | 23

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