Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 110, Nr. 5, 1.3.2020, (372) Im digitalen Zeitalter sind Informa- tionen über Gesundheit nur einen Mausklick entfernt. Damit eröffnet sich auch für Patientinnen und Patienten ein Tor zu einer unüber- sichtlichen Vielfalt an Auskünften. Dabei wissen wir, dass mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland über eine nur einge- schränkte Gesundheitskompetenz – die Fähigkeit gesundheitsbezogene Informationen finden, verstehen und anwenden zu können – verfügt. Eine Herausforderung, mit der das gesamte Gesundheitswesen, Zahnärzte, Ärzte und weitere Gesundheitsberufe tagtäglich kon- frontiert sind. Gesundheitskompetenz, auch und vielleicht ganz besonders digitale Gesundheitskompetenz, ist eines der zentralen Themen des Gesundheits- wesens im 21. Jahrhundert. Das wurde auch bei einer großen Fach- tagung der Allianz für Gesundheits- kompetenz Anfang Februar in Berlin sehr deutlich. Wir stecken mitten in einem Umbruchprozess. Experten sprechen sogar von einer digitalen Transformation, die alle Gesellschafts- bereiche nachhaltig verändern wird. Die Allianz – der neben dem BMG eine Vielzahl von Organisationen und Gesundheitsberufen angehören – hat sich zum Ziel gesetzt, Maßnahmen zu entwickeln, um die Gesundheits- kompetenz kontinuierlich zu stärken. Auch die KZBV und die BZÄK gehören der Allianz an. In Paneldiskussionen wie auch in einem viel beachteten Workshop hat sich die KZBV hier eingebracht, wobei die Förderung der Mundgesundheitskompetenz schon lange zu unseren Arbeitsschwerpunkten gehört. Richtungsweisend haben wir das von uns schon im Juni 2017 entwickelte Strategiepapier „Mund- gesundheitskompetenz“ in die Allianz eingebracht. Unser Anspruch ist, dass alle Menschen – ungeachtet ihrer Lebensumstände – einen gleichberechtigten, barriere- armen Zugang zur Versorgung und zu zahnärztlichen Präventions- leistungen haben. Unser ganz beson- derer Fokus gilt der Förderung der Gesundheitskompetenz vulnerabler Patientengruppen – seien es Pflege- bedürftige oder Menschen mit einer Beeinträchtigung oder Menschen mit Migrationshintergrund. Auf der Tagung in Berlin haben wir deutlich gemacht, dass unsere Strategie die Grundlage für ein umfangreiches und ausdifferenziertes Informations- angebot bildet, bei dem wir ganz unterschiedliche Formate und Medien nutzen, um unsere Patienten zielgruppengerecht bei der Navigation im zahnärztlichen Versorgungs- system zu unterstützen. Dazu zählt insbesondere die seit Jahrzehnten anerkannte und sehr gut angenom- mene Patientenberatung der KZVen und Kammern. Dazu gehören auch unsere evidenzbasierten Broschüren für Patienten, Angehörige und Pflegefachkräfte, bei denen wir eng mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und dem Bundes- verband privater Anbieter sozialer Dienste kooperieren. Viele Patienten- informationen der KZBV sind auch in mehreren Sprachen veröffentlicht. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Vermittlung von Mundgesund- heitskompetenz über digitale Medien und online verfügbare Informationen. Das umfasst beispiels- weise ein Erklärvideo zum Heil- und Kostenplan, digitale Broschüren zum Download, eine spezielle Themen- Webseite zur Versorgung mit Zahn- ersatz oder einen virtueller Rund- gang durch eine barrierearme Zahnarztpraxis. Uns ist es wichtig, die Mundgesundheitskompetenz unserer Patienten zu stärken. Dabei haben wir bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen stets die patientenorientierte Ausrichtung im Blick. In der Planung ist derzeit ein neues Erklärvideo zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflege- bedürftigen. Digitale Kommunikation ist zwar ein zentraler Baustein, wenn es um niedrigschwellige Informationen und Wege zur Stärkung der Gesund- heitskompetenz geht. Im zahnärzt- lichen Praxisalltag hat sich aber auch gezeigt, dass es auf ein austariertes Zusammenspiel von digitalen und analogen Informationsmedien an- kommt. Das betrifft gerade vulnerable und nicht immer online-affine Gruppen wie ältere Menschen oder Pflegebedürftige, die wir besonders gezielt ansprechen wollen. Online- Medien sind kein Ersatz für ein zahnärztliches Gespräch vor oder nach einer Behandlung. Wir müssen immer die Bedürfnisse aller Patienten im Blick behalten – deswegen spielt die auf das Individuum ausgerichtete Sprechende Zahnmedizin eine große Rolle. Unser Ziel ist es, den Gestaltungsanspruch als zahnärzt- licher Berufsstand im Prozess der digitalen Transformation deutlich zu machen und unsere Expertise ein- zubringen – im Sinne der Kollegen- schaft und unserer Patientinnen und Patienten. Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV Foto: KZBV/baumannstephan.com Gesundheitskompetenz: Wir gestalten mit! 06 | LEITARTIKEL

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