Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 110, Nr. 5, 1.3.2020, (450) MKG-CHIRURGIE Herpes Zoster des Nervus trigeminus als Ursache unklarer Gesichtsschmerzen Maximilian Fiebig, Philipp Stockmann Nach abgeheilten Windpocken persistiert der verursachende Varizella-Zoster-Virus zeitlebens in Ganglien senso- rischer Nerven und kann durch Reaktivierung neue Krankheitsbilder auslösen. Symptome wie Abgeschlagenheit und neuropathische Schmerzen, ähnlich einem akuten Zahnschmerz, führen nicht selten zu einer Fehlinterpretation. Diese Frühphase der Erkrankung kann über Wochen hinweg bestehen, wie der vorliegende Fall zeigt. E in 89-jähriger Mann wurde we- gen therapieresistenter Gesichts- schmerzen im Innervationsgebiet des Nervus alveolaris inferior über- wiesen. Ursächlich wurde ein wurzel- kanalbehandelter Zahn 47 mit frag- licher apikaler Osteolyse vermutet. Der Patient berichtete, dass er seit etwa einem halben Jahr an rezidivierenden, stechenden Schmerzen im unteren Gesichtsdrittel leide, die bis zum Ohr reichten und aktuell mit Schluck- beschwerden verbunden seien. Aus der allgemeinen Krankengeschichte war lediglich ein leichter arterieller Hyper- tonus bekannt, vor etwa acht Jahren war ein Prostata-Karzinom operativ und mit Chemotherapie behandelt worden. Kinderkrankheiten, speziell eine Windpockeninfektion, konnten nicht sicher ausgeschlossen werden. Die klinische Symptomatik, verbunden mit der radiologischen Auffälligkeit einer apikalen Osteolyse, legte den Ver- dacht nahe, dass es sich um eine akute Exazerbation einer chronisch-apikalen Ostitis an Zahn 47 handelt, und der Patient wurde über die Notwendigkeit einer Wurzelspitzenresektion aufge- klärt (Abbildung 1). Auf seinen aus- drücklichen Wunsch erfolgte allerdings am gleichen Tag die komplikationslose Zangenextraktion des Zahns. Postoperativ zeigte sich eine reizlose Abheilung der Extraktionswunde, aller- dings persistierten die Beschwerden, die zusätzlich ein unangenehmes Druck- gefühl am rechten Auge erzeugten. Eine kalkulierte Antibiose mit Clindamycin wurde wegen des Verdachts auf eine bakteriell-entzündliche Genese ohne Erfolg für fünf Tage rezeptiert. Eigen- mächtig stellte sich der Patient wegen dieser Beschwerden noch bei einem niedergelassenen Augenarzt vor. Die ophthalmologische Untersuchung er- brachte allerdings keine zielführende Diagnose. Trotz abgeheilter Wundver- hältnisse im Extraktionsbereich kam es im weiteren Verlauf der Behandlung zu keiner Beschwerdebesserung. Die quä- lenden Schmerzen breiteten sich in den folgenden Tagen auf die gesamte Gesichtshälfte aus. Nach einigen Tagen entwickelten sich am rechtsseitigen weichen Gaumen, Vestibulum und Planum buccale runde, leicht erhabene, teils konfluierende weißliche Effloreszenzen auf rotem Hof mit einem Durchmesser von etwa fünf Millimetern (Abbildungen 2 und 3). Extraoral waren im sensiblen Versorgungsbereich aller drei Äste des Alle Fotos: MKG Weißenburg/Donauwörth Abb. 1: Panorama- schichtaufnahme des Patienten vor Entfernung des Zahns 47 DR. MAXIMILIAN FIEBIG Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie Weißenburg Bismarckanlage 3–5, 91781 Weißenburg fiebig@mkg-chirurgie.eu Foto: privat 84 | ZAHNMEDIZIN

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