Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 110, Nr. 6, 16.3.2020, (562) EVIDENZBASIERTE EMPFEHLUNGEN ZUM HÄUSLICHEN CHEMISCHEN BIOFILMMANAGEMENT IN DER PRÄVENTION UND THERAPIE DER GINGIVITIS Anwendung chemisch antimikrobieller Wirkstoffe in Mundspüllösungen Anwendung chemisch antimikrobieller Wirkstoffe wie Ätherische Öle, Chlorhexidin oder Triclosan/Copolymer Anwendung chemisch antimikrobieller Wirkstoffe wie Aminfluorid/Zinnfluorid oder Cetylpyridiniumchlorid Tab. 3: Auszug aus der S3-Leitlinie „Häusliches chemisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingivitis“, Quelle: Auschill et al., 2018 Empfehlung Die zusätzliche Anwendung chemisch anti- mikrobieller Wirkstoffe in Mundspüllösungen als Ergänzung zur mechanischen Reinigung kann zu einer Reduktion des dentalen Biofilms und damit zur Prophylaxe der Gingivitis empfohlen werden. Die zusätzliche Anwendung chemisch anti- mikrobieller Wirkstoffe (Ätherische Öle, Chlor- hexidin, Triclosan/Copolymer) soll als Ergänzung zur mechanischen Reinigung zu einer Reduktion der Gingivitis empfohlen werden. Die zusätzliche Anwendung chemisch anti- mikrobieller Wirkstoffe (Aminfluorid/Zinnfluorid, Cetylpyridiniumchlorid) sollte als Ergänzung zur mechanischen Reinigung zu einer Reduktion der Gingivitis empfohlen werden. Evidenzgrad gering hoch moderat Empfehlungsgrad Empfehlung offen starke Empfehlung Empfehlung zwischen Parodontitis und „Schwan- gerschaftsdiabetes“ kontrovers disku- tiert [Abariga et al., 2016; Esteves Lima et al., 2016; Kumar et al., 2018]. In einigen Studien konnte bei schwan- geren Frauen mit einer Parodontitis ein statistisch signifikant höheres Risiko für die Entwicklung eines Gestations- diabetes festgestellt werden [Abariga et al., 2016]. Andere Studien kommen zu dem Schluss, dass die Evidenz noch nicht ausreichend ist [Esteves Lima et al., 2016]. Bis zu einer endgültigen Klä- rung ist es unserer Meinung nach un- erlässlich, dass Gynäkologen einer Schwangeren mit einem Gestations- diabetes dringend zu einer zahnärzt- lichen Vorstellung raten. EINFLUSS DER MUNDGESUNDHEIT AUF DIE SCHWANGERSCHAFT In der Literatur werden vielfältig die Zusammenhänge zwischen parodon- talen Erkrankungen und gesteigerten Risiken für die allgemeine Gesundheit diskutiert [Kinane und Bouchard, 2008]. Über einen möglichen Zusammen- hang zwischen einer Parodontitis und einem negativen Schwangerschaftsaus- gang (zum Beispiel niedriges Geburts- gewicht, Frühgeburt, Präeklampsie, Fehlgeburt) wird kontrovers berichtet [Albert et al., 2011; Jeffcoat et al., 2014; Konopka und Paradowska-Stolarz, 2012; Offenbacher et al., 1996; Sanz et al., 2013]. Dabei werden sowohl direkte als auch indirekte Wege beschrieben, auf denen eine parodontale Infektion einen möglichen Einfluss auf den Schwangerschaftsausgang haben kann [Sanz et al., 2013]. Der direkte Weg beschreibt die Möglichkeit, dass die parodontal-pathogenen Keime selbst und/oder ihre Komponenten über die Blutbahn zur Gebärmutter (Plazenta) gelangen, dort deren Membran durchdringen und die Mem- bran des Fetus infizieren. Der indirekte Weg beschreibt die Möglichkeit, dass durch Entzündungsmediatoren im Blut infolge einer überschießenden Immunantwort eine vorzeitige Wehen- tätigkeit ausgelöst werden kann [Offenbacher et al., 1998]. Würde ein kausaler Zusammenhang bestehen, müsste durch eine Parodon- titistherapie das Risiko für Frühgeburt- lichkeit beziehungsweise Untergewich- tigkeit von Neugeborenen gesenkt werden, was durch einige Studien zwar auch gezeigt, jedoch durch andere Studien nicht belegt werden konnte [Lopez et al., 2005]. Obwohl hierzu nach wie vor keine klare Evidenz be- steht, ist man sich einig, dass bei Feststellung einer entzündlichen Zahn- fleischerkrankung eine entsprechende Therapie in der Schwangerschaft er- folgen sollte, um einen weiteren Attachmentverlust zu verhindern und den klinischen Status der Mutter zu verbessern [DGZMK-Stellungnahme, 2007]. Dabei gilt das zweite Trimenon als der sicherste Zeitpunkt für eine nicht-chirurgische Parodontaltherapie [DGZMK-Stellungnahme, 2007]. Bei gynäkologischen Risiken sollte mit dem behandelnden Gynäkologen be- sprochen werden, ob aufgrund der während einer nicht-chirurgischen Parodontaltherapie auftretenden kurz- zeitigen Bakteriämie der Einsatz von Antibiotika empfehlenswert ist [DGZMK-Stellungnahme, 2007]. Eine chirurgische Parodontaltherapie sollte erst nach der Geburt durchgeführt wer- den [DGZMK-Stellungnahme, 2007]. Begleitende antiinfektiöse Therapie- maßnahmen mit antibakteriellen Mundspüllösungen in Kombination mit Maßnahmen wie zum Beispiel einer Professionellen Zahnreinigung sowie „Scaling und Wurzelglättung“ unter lokaler Anästhesie sind biologisch sicher und haben keine nachteiligen Auswirkungen auf die werdende Mut- 52 | ZAHNMEDIZIN

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