Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06
zm 110, Nr. 6, 16.3.2020, (565) Plazentaschranke erfolgt umso schneller, je geringer die Plasmaproteinbindung des Arzneistoffs ist [Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Während der Schwangerschaft ver- größert sich das Plasmavolumen, wodurch es zu einer Reduktion der Plasmaproteine kommt [Pertl et al., 2000]. Folglich stehen weniger Plasma- proteine für eine Bindung an die Lokalanästhetika zur Verfügung. Des- halb wird empfohlen, bei Schwange- ren ein Lokalanästhetikum mit hoher Plasmaeiweißbindung (> 90 Prozent) zu verwenden [Päßler und Päßler, 2011; Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Zu den Lokalanästhetika mit einer Plasmaeiweißbindung von mehr als 90 Prozent zählen Articain, Bupivacain oder Etidocain [Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Da bei Lidocain, Mepivacain und Prilocain die Plasma- eiweißbindung bei weniger als 70 Pro- zent liegt, sollten diese Lokalanästhetika nicht bei Schwangeren eingesetzt wer- den [Päßler und Päßler, 2011; Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Neben der geringen Plasmaeiweißbindung be- steht bei Prilocain außerdem noch ein vergleichsweise hohes Risiko einer Methämoglobinbildung, weshalb es während einer Schwangerschaft kontra- indiziert ist [Schindler et al., 2010]. Grundsätzlich bestehen von gynäkolo- gischer Seite aus keine Bedenken gegen den Einsatz vasokonstriktorischer Zusätze in Lokalanästhetika wie Adrenalin [Päßler und Päßler, 2011]. Jene passieren nicht die plazentäre Schranke, da sie in der Plazenta in nicht aktive Metabolite abgebaut wer- den [Pertl et al., 2000]. Allerdings kön- nen sie von der mütterlichen Seite aus eine Minderdurchblutung der Plazenta bewirken, wodurch es auf der Seite des Fetus über den Mechanismus des Sauerstoffmangels zu einer reaktiven Tachykardie kommen kann [Pertl et al., 2000]. Aus diesem Grund sollte der vasokonstriktorische Zusatz in einer geringen Konzentration (1:200 000) gewählt werden [Päßler und Päßler, 2011; Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Die Anwendung von Noradrenalin ist wegen größerer Komplikationsraten und möglicher Nebenwirkungen in der Schwangerschaft kontraindiziert [Päßler und Päßler, 2011]. Felypressin und Ornipressin beeinflussen die Uterusmuskulatur und sind deshalb in der Schwangerschaft ebenfalls kontra- indiziert [Päßler und Päßler, 2011]. Falls eine schmerzstillende Therapie in der Schwangerschaft unbedingt erfor- derlich sein sollte, ist das Anilinderivat Paracetamol das Mittel der Wahl [Päßler und Päßler, 2011; Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Parace- tamol passiert jedoch die Plazenta- schranke. Um kindliche Leberschäden zu vermeiden, sollte somit auf eine niedrige Dosierung beziehungsweise kurze Einnahmedauer geachtet werden [Päßler und Päßler, 2011; Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Nicht-steroidale Antiphlogistika wie beispielsweise Acetylsalizylsäure, Diclo- fenac und Ibuprofen sollten vermieden werden. Sie führen zu einer Hemmung der Prostaglandinsynthese. Bei der schwangeren Patientin und beim Ungeborenen kann es infolgedessen zu einer verstärkten Blutungsneigung kommen. Auch besteht die Gefahr eines vorzeitigen Verschlusses des Ductus Botalli [Päßler und Päßler, 2011; Pertl et al., 2000; Schindler et al., 2010]. Bei einer notwendigen antibiotischen Therapie kann in der Schwangerschaft auf Penicilline und Cephalosporine zurückgegriffen werden. Bei diesen Antibiotikagruppen konnten nach langjähriger klinischer Erfahrung keine embryotoxischen Wirkungen festge- stellt werden [Päßler und Päßler, 2011; Pertl et al., 2000; Schindler et al., PROF. DR. WERNER GEURTSEN Medizinische Hochschule Hannover Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Foto: MHH A -Silikon in seiner sc hnellsten Form. 3M Imprint 4 Vinyl Polysiloxan Abformmaterial 3m.de/dental | 55
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