Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06
zm 110, Nr. 6, 16.3.2020, (591) dann sind sie nachweislich weniger ängstlich und unsicher. Daher sollten die Haube, der Mundschutz und auch die eventuell getragene Lupenbrille abgenommen werden. Und Nitschke betont, dass „auf ein besonders freund- liches, fast schon übertriebenes Lächeln häufig sehr gut reagiert wird“. Denn stark positive Emotionen in der Kommunikation seien tief im Gedächtnis verankert und können so angesprochen werden. Außerdem sei wichtig, den Blickkontakt während des Gesprächs zu halten. STRATEGIE NUMMER EINS: MEHR ZEIT EINPLANEN! „Das Plaudern ist eine der wichtigsten Kommunikationsstrategien im Um- gang mit dementen Patienten“, erläutert die Diplom-Pädagogin Melanie Feige. Sie ist Pflegeexpertin für Menschen mit Demenz am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Ihre Erfahrung hat gezeigt, dass das lockere und freundliche Einbetten der Behandlung in einen kleinen Alltagsplausch der Entspannung der PatientInnen zugute kommt. Demente Menschen nähmen Stimmungen und so auch Stress in der Praxis sehr intensiv wahr, könnten ihn aber, anders als nicht erkrankte Menschen, häufig nicht direkt zu- ordnen und verstehen. Das wiederum löse Unbehagen aus und verstärke die Zerstreutheit bis hin zur Blockade. Grundsätzlich hilft es den Patienten, wenn der Zahnarzt und sein Team eine möglichst entspannte Behandlungs- atmosphäre schaffen. Für den Termin sollte man also mehr Zeit veranschlagen, um Stress durch Zeitdruck zu vermei- den. „Stimmungen und Affekte über- tragen sich schnell auf demente Patienten“, gibt Feige zu bedenken. Bei einer vegetativen Entspannung seitens des Patienten, also einem Pulsschlag von 65 bis 85, sei die Behandlung für beide Seiten besser praktikabel. Schließlich werde durch die Ansprache mit dem vollständigen Namen und die Wiederaufnahme von persönlichen Bezügen im Gespräch – die Erwähnung des Partners, eines Kindes oder auch eines besonderen Kleidungsstücks – die Identitätswahrnehmung und somit die eigene Erinnerung gestärkt. „All das trägt auch zum Vertrauensaufbau zwischen dem Zahnarzt und dem de- menten Patienten bei. Und Vertrauen ist im Umgang mit Demenz von größ- ter Bedeutung für eine erfolgreiche Behandlung“, sagt Feige. „Je weiter fortgeschritten die Erkrankung ist, umso mehr brauchen die Menschen eine Bezugsperson, die sie betreut und begleitet.“ DAS KRANKHEITSBILD \ Wer an Demenz erkrankt, büßt nach und nach seine kognitiven Fähigkeiten ein bis hin zu deren komplettem Verlust. Das Wort Demenz leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet „ohne Geist“. \ Die Erkrankung ist ein hirn- organisches Psychosyndrom und wird in verschiedene Stadien unterteilt. Während zunächst das Kurzzeit- gedächnis und die Merkfähigkeit beeinträchtigt sind, geht dieser Prozess mit der Zeit auf das Lang- zeitgedächnis über und löscht neben Erinnerungen auch die im Leben erworbenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse. Ebenfalls lassen Sprache, Orientierung und Auf- fassungsgabe mit fortschreitendem Stadium immer mehr nach. Die Demenzerkrankung verändert so das Handeln und Verhalten des Betroffenen, auch auf sozialer und emotionaler Ebene. \ Die Demenz tritt in primärer und in sekundärer Form auf, wobei 90 Prozent der Erkrankten an der primären, irreversiblen Form leiden. Diese ist in zwei Dritteln der Fälle und somit am häufigsten auf die Alzheimer-Erkrankung zurück- zuführen. Das andere Drittel leidet an einer gefäßbedingten Demenz oder einer Mischform aus beiden Erkrankungen. Bei der sekundären Form sind Faktoren wie Stoffwechsel- krankheiten, chronische Vergiftungen durch Medikamente oder Alkohol sowie Vitaminmangel einflussreich; diese können über die Zeit behandelt und so die Symptome verbessert werden. Die primäre Form hingegen ist unheilbar. Hier können lediglich die Verbesserung der Lebensqualität und eine Linderung der Symptome erzielt werden. Dr. Elmar Ludwig (l.) empfiehlt die Behandlungs-Anbahnung: ein Plausch, sanfte Berührung und eine einfache Sprache Fotos: Ludwig | 81
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