Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 110, Nr. 7, 1.4.2020, (664) Als wirtschaftliche Ursachen sind alle Einflüsse anzusehen, die sich unmittelbar oder mittelbar aus dem wirtschaft- lichen Ablauf ergeben. Ob diese bereits dann angenommen werden können, wenn es einen Mangel an Desinfektions- bzw. sonstigen Hygienemittel (Mundschutz etc.) gibt und aufgrund dessen nicht oder erheblich weniger gearbeitet werden kann, kann abschließend nicht beantwortet wer- den. Dies setzt in der Regel eine Betrachtung der konkreten Einzelfallumstände in der Praxis voraus. Führt die derzeitige Lage zu einem erheblichen Patienten- rückgang, wie etwa derzeit gerade im Bereich der Prophylaxe anzunehmen ist, können wirtschaftliche Gründe für einen erheblichen Arbeitsausfall hingegen vorliegen. Ein unabwendbares Ereignis liegt nach dem Gesetz ins- besondere dann vor, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhn- lichen, von dem üblichen Witterungsverlauf abweichenden Witterungsverhältnissen beruht. Ein unabwendbares Ereignis liegt auch vor, wenn ein Ar- beitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind. Wenn die Behörden also Zahnarztpraxen schließen sollten, liegt ein unabwendbares Ereignis vor. Ob die derzeitige Epidemie selbst ein vom Gesetz vorgesehener Fall eines unabwendbaren Ereignisses darstellt, lässt sich mit guten Argumenten vermuten, aber nicht abschließend beurteilen. Dafür spricht, dass die Corona-Pandemie ein Ereignis darstellt, das von außen auf den Betrieb nicht abwendbar einwirkt. Eine auf Erkrankung des Praxisinhabers zurückgeführter Arbeitsausfall als innerbetriebliches Ereignis erfüllt diese Voraussetzungen deshalb nicht. Weder liegen in diesem Fall also wirtschaftliche Gründe noch ein unabwendbares Ereignis vor. Ein Arbeitsausfall ist vorübergehend, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit innerhalb der Bezugsdauer von 12 Monaten wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit gerechnet werden kann. Diese Voraussetzung ist in der derzeitigen Lage anzunehmen. Ein Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gilt insbesondere ein Arbeitsausfall, der \ überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebs- organisatorischen Gründen beruht, \ durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der ArbeitnehmerInnen der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder \ durch die Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeits- zeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden wer- den kann. Auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit kann aber nach dem Willen der Bundesregierung vollständig oder teilweise verzichtet werden. Die Auflösung eines Arbeitszeitguthabens kann von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nicht verlangt werden, soweit es \ ausschließlich für die in § 7c Absatz 1 des SGB IV genannten Zwecke bestimmt ist, \ den Umfang von zehn Prozent der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers übersteigt oder \ länger als ein Jahr unverändert bestanden hat. In dem betroffenen Betrieb müssen im Anspruchszeitraum (Kalendermonat) mindestens ein Drittel der Beschäftigten wegen des Arbeitsausfalls ein um mehr als zehn Prozent vermindertes Entgelt erzielen. Die Bundesregierung senkt die Grenze von einem Drittel auf zehn Prozent der Beschäf- tigten. Bei den Berechnungen sind Auszubildende nicht mitzuzählen. 2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die betrieblichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn in dem Betrieb mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer (versicherungspflichtig) beschäftigt ist. 3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die persönlichen Voraussetzungen werden in der Regel von den Beschäftigten in der Zahnarztpraxis erfüllt. Ausnahmen bestehen und können dem § 98 SGB III entnommen wer- den. Die persönlichen Voraussetzungen der Arbeitnehme- rInnen sind erfüllt, wenn \ die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt, aus zwingenden Gründen aufnimmt oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt, \ das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist und \ die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen ist. 4. der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist. Der Arbeitsausfall ist bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk die Praxis ihren Sitz hat, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Mit der Anzeige ist glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind. Beruht der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis, gilt die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, erstattet worden ist. WAS PASSIERT, BEI ANSPRUCH AUF KURZARBEITERGELD? Die Agentur für Arbeit hat der anzeigenden Zahnarztpraxis unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilen, ob aufgrund der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ist Kurzarbeit im Betrieb wirksam vereinbart und der Bescheid von der 22 | POLITIK

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