Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07
zm 110, Nr. 7, 1.4.2020, (686) MKG-CHIRURGIE Die Behandlung einer Akromegalie- assoziierten Dysgnathie Birgit Scheffler, Alexander Eckert Orodentale Pathologien wie eine Vergrößerung der Zunge, lückig stehende Zähne oder eine mandibuläre Hyperplasie können auf eine Akromegalie verweisen – eine seltene Erkrankung, die durch fortgesetztes Wachstum der Akren gekennzeichnet ist. Da die Erkrankung schleichend verläuft und unerkannt zu ernsthaften Komplikationen führt, kommt der möglichst frühen Diagnosestellung eine wichtige Rolle zu. Dieser Patientenfall schildert die Behandlung einer vom Hauszahnarzt diagnostizierten Akromegalie. D as endokrinologische Krankheits- bild Akromegalie ist gekennzeich- net durch einen Überschuss des Wachstumshormons Somatotropes Hormon (STH) und konsekutiv erhöhte Spiegel des Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) nach Abschluss des Körper- wachstums. Ursächlich für die erhöhte Hormonausschüttung ist in circa 95 Prozent ein Adenom der Hypophyse, seltener ein Malignom oder eine gene- tisch bedingte Erkrankung [Flitsch et al., 2009]. Neben einer Vergrößerung der Hände, der Füße und des Unterkiefers fallen klinisch eine Vergröberung der Gesichtszüge mit prominenten Supra- orbitalwülsten, vertieften Nasolabial- falten, Hautfurchen im Bereich der Stirn und eine verdickte Gesichtshaut (Cutis gyrata) auf. Die Akromegalie ist zudem assoziiert mit einer Hyper- trophie zervikofazialer Weichteile [Bello et al., 2019], einer Viszeromega- lie (unter anderem Kardiomegalie) und einer Schilddrüsenhypertrophie. Obwohl die Inzidenz der Erkrankung bei 0,3 bis 0,4 pro 100.000 Einwohner liegt [Petersenn et al., 2006], gibt es nur eine überschaubare Zahl veröffentlichter Kasuistiken über kieferchirurgische Kor- rekturen der assoziierten Dysgnathie. KASUISTIK Der 39-jährige Patient (Abbildungen 1 und 2) suchte 2015 aufgrund einer zu- nehmenden Okklusionsstörung seinen Hauszahnarzt auf. Diesem fiel die aus- geprägte mandibuläre Hyperplasie auf und er überwies den Patienten zur endokrinologischen Diagnostik auf- grund des Verdachts auf eine Akro- megalie. Im Rahmen der Anamnese äußerte der Patient zudem, dass er be- reits vor einem Jahr eine Vergrößerung seiner Finger bemerkt habe. Aufgrund erhöhter Spiegel von STH und IGF-1 sowie eines in der MRT er- kennbaren intrasellären Hypophysen- Abb. 1 und 2: Vergleich eines Privatfotos circa 20 Jahre vor Erkrankungsbeginn mit dem Zustand zur Diagnosestellung Fotos: privat 1 2 44 | ZAHNMEDIZIN
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