Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07
zm 110, Nr. 7, 1.4.2020, (687) adenoms (Abbildung 3) erfolgte im November 2015 eine endoskopische transsphenoidale Resektion des Hypo- physenadenoms durch die Kollegen der Neurochirurgie. Aufgrund eines Liquorlecks wurde nach zwei Wochen eine Revisionsoperation erforderlich, wobei der Sellaboden mit Fascia lata vom rechten Oberschenkel ab- gedichtet wurde. Der histopathologische Untersuchungsbefund wies ein Hypo- physenadenom mit Immunpositivität für STH sowie schwach für LH und Prolactin nach (Abbildung 4). Im weiteren Verlauf normalisierten sich die hypophysären Hormonspiegel, lediglich die defizitäre thyreotrope Hormonachse machte eine Substitu- tion mit 75 µg L-Thyroxin täglich erforderlich. Bei der ersten Vorstellung in der Dys- gnathie-Sprechstunde imponierte eine 10 mm große, umgekehrte, sagittale Frontzahnstufe. Die Mittellinie des Unterkiefers wich um 4 mm nach rechts ab. Die Zähne des teilbezahnten Ober- und Unterkiefers hatten jeg- lichen Kontakt verloren (Abbildungen 5 und 7). Die unverhältnismäßig große Zunge zeigte dentale Impressionen. Nach Festlegung des Zielbisses in Abstimmung mit den Kollegen der Prothetik erfolgte eine bimaxilläre Umstellungsosteotomie mit Vorverla- gerung des Oberkiefers um 8 mm nach LeFort-I-Osteotomie und Rückverlage- rung des Unterkiefers nach sagittaler retromolarer Osteotomie (Abbildungen 6 und 8). Im gleichen Zug wurde eine Zungenreduktionsplastik nach Rheinwald [Egyedi et al., 1964] durch- geführt. Aufgrund der postoperativen schwel- lungsbedingten Atemwegseinengung wurde der Patient in dieser Zeit intensiv- medizinisch betreut und prolongiert nach fünf Tagen extubiert. Er wurde letztlich am zwölften postoperativen Tag mit sicher gefundener Zielokklusion und deutlich harmonisiertem Gesichts- profil locker verschnürt über einen prothetischen Interims-Zahnersatz aus der stationären Behandlung entlassen. DISKUSSION Der Ausprägungsgrad der Akromegalie- assoziierten Symptome ist wesentlich davon beeinflusst, wie lange die Pa- tienten den erhöhten Spiegeln von STH und IGF-1 ausgesetzt waren. Auf- grund des schleichenden Verlaufs liegt der Zeitraum zwischen Erkrankungs- beginn und Diagnosestellung oft zwischen sieben bis zehn Jahren [Nachtigall et al., 2008]. In einer groß angelegten Kohortenstudie, in der retrospektiv Daten von 324 Patienten mit Akromegalie ausgewertet wurden, betrug das Intervall zwischen dem Auf- treten der ersten Symptome und der Diagnosestellung fünf bis sechs Jahre [Reid et al., 2010]. Die Autoren stellten fest, dass im ausgewerteten Zeitraum von 26 Jahren keine Tendenz sichtbar Abb. 3: MRT mit intrasellärem Hypophysenadenom Abb. 4: Histopathologisches Bild (mit freundlicher Unterstützung von Prof. Dr. Mawrin, Institut für Neuropathologie, Universität Magdeburg A.ö.R.) Foto: MKG-Chirurgie, Universitätsklinikum Halle Foto: Ch. Mawrin Abb. 5: präoperative Okklusion Foto: MKG-Chirurgie, Universitätsklinikum Halle Abb. 6: postoperative Okklusion Foto: MKG-Chirurgie, Universitätsklinikum Halle 3 4 5 6 | 45
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