Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07
zm 110, Nr. 7, 1.4.2020, (701) beschrieben [Thoma und Goldman, 1947]. Es stellt eine gutartige, lokali- sierte, invasiv-aggressiv wachsende, nicht metastasierende Neoplasie des Kiefers dar, die vor allem im jungen Erwachsenenalter auftritt [Hitoshi et al., 2019]. Demensprechend befinden sich 60 Prozent der Patienten in der zweiten oder dritten Lebensdekade [Muzio et al., 1996; Li et al., 2006]. Das odontogene Myxom wächst sehr langsam und erst bei einer gewissen Größe werden – wie im beschriebenen Fall – Knochenauftreibungen und/oder Schwellungen sowie Zahnverlagerun- gen auffällig. Häufig wird es jedoch als Zufallsbefund bei radiologischen Routinekontrollen detektiert. Hier im- poniert es meist multilokulär in seifen- blasenartiger Struktur mit, aber auch ohne definierte Grenzen. Das odontogene Myxom kommt fast ausschließlich im Kieferbereich vor, kann dort im Knochen oder – weniger häufig – im Weichgewebe entstehen [Wandkhedkar et al., 2018]. Ätiolo- gisch wird von einer odontogenen Genese aus follikulären oder parodon- talen Zellen ausgegangen [Carvalho de Melo et al., 2008]. Insgesamt handelt es sich um den dritthäufigsten odonto- genen Tumor mit einer jährlichen Inzidenz von circa 0,07/1.000.000 Per- sonen [Odell et al., 2017]. Im Unter- schied zum beschriebenen Fall sind in der Literatur die Molaren- und die Prämolarenregion des Unterkiefers am häufigsten betroffen. Therapie der Wahl ist bei odontogenen Myxomen die operative Entfernung bei einer generellen Rezidivrate von 10–33 Prozent [Abiose et al., 1987]. Ob eine konservative oder eine radikale Operation mit Entfernung von Nach- barstrukturen gewählt wird, wird in der Literatur nicht immer eindeutig dargelegt. Bei größeren, weit verzweig- ten Läsionen ist häufig eine radikale Operation im Sinne einer Kasten- oder Teilresektion indiziert. Bei kleineren Läsionen, wie im vorliegenden Fall, wird allerdings häufig die konservative Therapie durch Enukleation und Kürettage ohne Resektion von Kiefer- anteilen empfohlen. Der große Vorteil sind der Erhalt von Nachbarstrukturen und das geringere postoperative Trauma. In einer Arbeit [Boffano et al., 2011] wird eine Enukleation mit Kürettage bei Läsionen < 3 cm im Durchmesser postuliert, bei > 3 cm soll eine Kasten- oder Teilresektion erfolgen. Es wird davon ausgegangen, dass der Haupt- grund der Rezidive eher die inkomplette Entfernung als das biologische Ver- halten des odontogenen Myxoms ist [Batsakis et al., 1987]. \ CME AUF ZM-ONLINE Odontogenes Myxom Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME- Punkte der BZÄK/ DGZMK. FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Bei Zahnwanderungen muss immer an eine Raumforderung gedacht werden. \ Zur differenzialdiagnostischen Abklärung sind eine chirurgische Entfernung und die pathologische Untersuchung der Raumforderung obligat. \ Das operative Verfahren ist stark von der Größe des odontogenen Myxoms abhängig. \ Ein enges Recall-Intervall mit radiologischen Kontrollen ist aufgrund der hohen Rezidivrate Pflicht. PD DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. Foto: Boeddinghaus Abb. 5: Postoperativer Situs Abb. 4: Zustand nach Enukleation und Kürettage Foto: Boeddinghaus | 59
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