Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07
zm 110, Nr. 7, 1.4.2020, (732) genen verläuft, werden radikuläre wie auch die oben genannten übrigen odontogenen Zysten zumeist als Zu- fallsbefund bei radiologischen Unter- suchungen diagnostiziert. Radikuläre Zysten sind überwiegend ein-, können aber auch mehrkammerig sein. Das Zystenlumen ist mit einer gelblichen, von Cholesterinkristallen durchsetzten Flüssigkeit gefüllt, die sich im Verlauf infizieren kann [Rivi ş and V ă leanu, 2013; Kadam et al., 2014]. In unserem Fall war aufgrund der Zystengröße keine genaue Angabe be- züglich des Zystenursprungs möglich. Da sämtliche in der Zyste stehenden, nicht endondontisch vorbehandelten Zähne präoperativ auf Kälte sensibel waren, muss die Genese in einem der Zähne 13, 15 oder 16 gelegen haben. Mögliche Therapieformen radikulärer Kieferzysten sind die Zystostomie (Partsch I), bei der die Zystenhöhle zu einer oralen Nebenbucht wird, die Zystektomie (Partsch II – hier wird die Zyste vollständig entfernt) oder im Oberkiefer die Zystantrostomie, bei der die Zystenhöhle zu einer Neben- bucht der Kieferhöhle wird [Ciulli et al., 2009; Rivi ş and V ă leanu, 2013; Oliveros-Lopez et al., 2017]. In unserem Fall haben wir uns aufgrund der Loka- lisation und der Zystengröße für die Zystektomie entschieden. Die intra- operativ entstandene Zystantrostomie war unabdingbar. In seltenen Fällen kann sich bei einer vermeintlich harmlos erscheinenden Kieferzyste auch mal ein KZOT, der bei inadäquater Entfernung eine hohe Rezidivrate besitzt, oder ein maligner Prozess verbergen. Die histologische Aufarbeitung des ektomierten Gewebes ist somit obligat [Kün-Darbois et al., 2015]. Zur Vermeidung eines Rezidivs wurden anschließend die Zähne 13 und 15 wurzelspitzenreseziert und mit retro- graden Wurzelfüllungen versehen. Hätte der Zahn 16 intraoperativ keinen Paro-Endo-Defekt aufgewiesen, hätte er ebenfalls wurzelspitzenreseziert und retrograd wurzelgefüllt werden kön- nen. Hier ist zu diskutieren, ob der Zahn gegebenenfalls durch eine Am- putation der distobukkalen Wurzel partiell hätte erhalten werden können. Im Hinblick auf die Zystektomie- bedingte Devitalisierung der Zähne 14, 12, 11, 21 und 23 wurden diese ortho- grad wurzelgefüllt und danach wurzel- spitzenreseziert. Entstandene größere Knochendefekte können nach der Zystektomie zur Unterstützung der Heilung mit autolo- gem Knochen, gegebenenfalls in Kom- bination mit Platelet Rich Fibrin (PRF), mit allogenem oder mit xenogenem Knochen sowie mit bereits bewährtem Knochenersatzmaterial augmentiert werden [Vidhale et al., 2015; Pradeep et al., 2016]. Eine präoperativ mit der Patientin vereinbarte eventuelle Ein- bringung von Beckenkammspongiosa wurde in unserem Fall bei entstandener Zystantrostomie zur Vermeidung einer postoperativen Infektion verworfen. \ DR. MED. DENT. KATRIN RÜDIGER Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische und ästhetische Operationen Malteser Krankenhaus St. Josefshospital Kurfürstenstr. 69, 47829 Krefeld-Uerdingen Abb. 4: Postoperative Röntgenkontrolle PD DR. MED. DR. MED. DENT. THOMAS MÜCKE Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastische und ästhetische Operationen Malteser Krankenhaus St. Josefshospital Kurfürstenstr. 69, 47829 Krefeld-Uerdingen Thomas.Muecke@malteser.org Foto: privat FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Radikuläre Zysten gehören laut der WHO zu den epithelialen, entzündungsbedingten Zysten. \ Mögliche Therapieformen radikulärer Kieferzysten stellen die Zystostomie, die Zystektomie oder im Oberkiefer die Zystantrostomie dar. \ Zum Malignitätsausschluss ist ektomiertes Gewebe stets histologisch aufzuarbeiten. \ Die Einbringung von autologem Knochen gegebenenfalls in Kombination mit PRF, allogenem oder xenogenem Knochen sowie Knochenersatzmaterial ermöglicht eine verbesserte Knochenheilung. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 90 | ZAHNMEDIZIN
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