Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08
zm 110, Nr. 8, 16.4.2020, (784) ZUM COVID-19-KRANKENHAUSENTLASTUNGSGESETZ Auch die Zahnärzte brauchen einen Schutzschirm Bernd Halbe D as nun im Hauruckverfahren verabschiedete COVID-19-Kran- kenhausentlastungsgesetz führt wesentliche wirtschaftliche Hilfestel- lungen für den Gesundheitsbereich ein. Eines der erklärten Ziele ist, das Gesundheitswesen und die Pflege bei der Bewältigung der Corona-Epidemie zu unterstützen, indem die wirtschaft- lichen Folgen für Krankenhäuser und Vertragsärzte aufgefangen werden. Hierzu ist § 87a Abs. 3b Sozialgesetz- buch Fünf (SGB V) eingeführt worden, der regelt, dass die Kassenärztliche Ver- einigung eine befristete Ausgleichs- zahlung an den vertragsärztlichen Leis- tungserbringer leisten kann, wenn sein Gesamthonorar um mehr als 10 Pro- zent gegenüber dem Vorjahresquartal gemindert ist. Diese Ausgleichszahlung wird dann gekürzt, wenn Entschädigungs- zahlungen aufgrund des Infektions- schutzgesetzes oder andere finanzielle Hilfen geleistet wurden. Im COVID- 19-Krankenhausentlastungsgesetz wur- den auch Psychotherapeuten, Vor- sorge- und Rehabilitationseinrichtungen berücksichtigt. DIE ZAHNÄRZTE BLEIBEN BISLANG AUßEN VOR Die Vertragszahnärzte bleiben jedoch unverständlicherweise außen vor. Denn § 87a Abs. 1 SGB V schließt aus- drücklich die Anwendung der Absätze 2 bis 6 aus, wodurch auch der neu ein- geführte Absatz 3b keine Anwendung auf den vertragszahnärztlichen Bereich findet. Zwar sind bereits Stimmen auf- gekommen, die den neu eingeführten Absatz 3b auch auf den vertragszahn- ärztlichen Bereich anwenden wollen – dies verstößt allerdings gegen den aus- drücklichen Gesetzeswortlaut. Eine analoge Anwendung ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht mög- lich, auch wenn eine vergleichbare Interessenlage vorliegt – es mangelt an einer planwidrigen, also ungewollten Regelungslücke. Auch eine direkte Rechtssatzverfassungs- beschwerde gegen das COVID-19- Krankenhausentlastungsgesetz dürfte weder möglich, noch zielführend sein. Selbst wenn diese möglich wäre, könnte zwar das Gesetz angegriffen, der Anwendungsbereich allerdings kaum zeitnah erweitert werden. Darüber hinaus dürfte ein solches Verfahren ohnehin insgesamt zu langwierig sein. Vielmehr müsste der Rechtsweg be- gangen und ausgeschöpft werden – das dauert Jahre. EINE REGELUNG FÜR PRAXEN IST DRINGEND NOTWENDIG Grundsätzlich ist aber zeitnah eine Regelung für den (vertrags-)zahnärzt- lichen Bereich dringend notwendig, wie bereits aus vielen Ecken zu hören war und ist. In der aktuellen Lage sind Angehörige der zahnmedizinischen Berufe über die wirtschaftliche Zukunft besorgt, die Praxen teilweise bereits von der Insolvenz bedroht. Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn muss also handeln. Möglich wäre, dass eine dem § 87a Abs. 3b SGB V ähnliche Regelung für den ver- tragszahnärztlichen Bereich eingeführt oder § 87a Abs. 3b SGB V auch auf den vertragszahnärztlichen Bereich ausge- dehnt wird; nötig wäre allerdings eine erneute Gesetzesänderung. Jedenfalls ist nicht verständlich, wieso mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungs- gesetz nicht sofort eine umfassende Re- gelung getroffen, sondern vielmehr ein löchriger Schutzschirm „aufgespahnt“ wurde. \ PROF. DR. JUR. BERND HALBE Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Rechtsanwälte Prof. Dr. Halbe, Rothfuß & Partner mbB www.medizin-recht.com Foto: privat Foto: AdobeStock/peterschreiber.media Im COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz werden die Zahnärzte nicht berücksichtigt, obwohl viele Inhaber und Mitarbeiter nicht mehr wissen, wie sie wirtschaftlich durchhalten sollen, ja Praxen teilweise schon von der Insolvenz bedroht sind. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn muss handeln – und zwar möglichst schnell.
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