Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08
zm 110, Nr. 8, 16.4.2020, (800) A m Ende waren 40 Millionen Menschen tot, damals. Heute kramen wir die Studie wieder hervor, weil sie zeigt, wie wichtig es sein kann, so schnell wie möglich umfassende Maßnahmen einzuleiten, damit sich möglichst wenige Menschen mit einem neuen Virus infizieren. Untersucht wurden die Zahlen aus 43 US-Städten, die über 100.000 Einwohner hatten, im Zeitraum vom 8. September 1918 bis zum 22. Februar 1919. TODESURSACHE: AKUTES LUNGENVERSAGEN Die Menschen, die an der Spanischen Grippe erkrankt waren, starben meis- tens an akutem Lungenversagen. Therapien wie invasive Beatmung gab es damals noch nicht, Patienten, die Mittel zur Kreislaufstärkung erhielten, wähnten sich glücklich – geholfen haben sie allerdings nicht. Als im Herbst 1918 die ersten Fälle der Spanischen Grippe auftraten, war die Krankheit für Ärzte und Betroffene so unbekannt und unheimlich wie das Coronavirus heute. Und wie heute reagierten Behörden unterschiedlich, und auch unterschiedlich schnell, was einen deutlichen Einfluss auf die Verbreitung hatte. In Großstädten, in denen die Verantwortlichen proaktiv weitreichende nicht-medizinische Maßnahmen ergriffen, konnte der Beginn der Epidemie hinausgezögert werden, parallel dazu sank die Zahl der Erkankungen. Auch die Art der Erkankungen lässt sich vergleichen, denn beide Male brach eine Pandemie aus, bei der der Erreger durch Tröpfchen übertragen wird. Sowohl gegen die Spanische Grippe als auch gegen Corona gab und gibt es anfangs weder einen Impfstoff noch effektive Medikamente. Und in beiden Fällen traf der Ausbruch die Menschen weltweit völlig unvorbereitet. Nicht-medizinische Maßnahmen schienen damals und scheinen heute vernünftig. Am schnellsten war New York City: Elf Tage, bevor ein Anstieg der Mortalität verzeichnet wurde, ver- ordneten die Verantwortlichen umfang- reiche Isolierungs- und Quarantäne- maßnahmen. Schnell wurden provisorische Einrichtungen errichtet, in die die Kranken, wenn die Kranken- häuser überfüllt waren, eingeliefert wurden. Das Zauberwort Isolation stand schon damals über allem und wer darauf setzte, war auf der richtigen Seite. Wer Kontakt mit Kranken hatte, wurde sofort in häusliche Quarantäne geschickt. Häuser, in denen Quarantäne herrschte, wurden von außen deutlich sichtbar markiert. Die Botschaft lautete: Halte dich fern! AM SCHNELLSTEN REAGIERTE NEW YORK CITY Damals lebten rund fünf Millionen Menschen in New York City, heute sind es rund 8,5 Millionen, zählt man die Metropolregion dazu, sind es sogar 18,9 Millionen. Die Studie erläutert, dass die gesellschaftlichen Begebenheiten denen unserer Zeit durchaus ähnlich waren: Es gab schnelle Transport- möglichkeiten wie Züge und Autos, die Kommunikation wurde per Telefon oder Telegramm erledigt. In den Groß- städten lebten Millionen Menschen auf engem Raum zusammen. Informa- US-STUDIE ZUR SPANISCHEN GRIPPE So gelang die Eindämmung der Pandemie Die Welt 1918: Die Spanische Grippe breitet sich weltweit rasant aus. Eine US-Studie dazu aus dem Jahr 2007 ist aktuell wie nie, denn sie zeigt, wie Quarantäne, Ausgehverbote und Schul- schließungen die Todeszahlen senken. Welche Lehren können wir daraus für Covid-19 ziehen? 38 | GESELLSCHAFT
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=