Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08
zm 110, Nr. 8, 16.4.2020, (818) erreichen, da diese Fragmente sich mit- hilfe der Kofferdamklammer so gut adaptieren ließen, dass eine ausrei- chend gute Trockenlegung ermöglicht wurde. Nach der endodontischen Behandlung der Zähne 14 und 15 erfolgte die chi- rurgische Entfernung des mobilen vestibulären beziehungsweise oralen Kronenfragments sowie der infra- gingival frakturierten Wurzelanteile. In der gleichen Sitzung erfolgte die Auf- klappung vestibulär und oral, um nach Trocknung der Zahnstümpfe eine ad- häsive Befestigung von zuvor auf dem Modell gefertigten Drahtschlaufen (018``Stahl: Dentalline, Deutschland) zu ermöglichen. Diese wurden mittels dual härtendem Composit (Rebilda DC, Voco) intrakanalär verankert. Mit- hilfe eines weiteren, an den mesialen und distalen Nachbarzähnen adhäsiv angebrachten Drahtes (17x25 TWIST, 3-fach verseilt; Dentalline, Deutschland) und einer elastomeren Kette (Energy Chain, Rocky Mountain Orthodontics, USA) war es nun möglich, die Wurzel- reste orthodontisch aus den Alveolen zu extrudieren. Hierzu waren über einen längeren Zeitraum mehrere Behandlungstermine nötig, bei denen die Gummizüge entsprechend des Behandlungsfortschritts gewechselt wurden. Des Weiteren erfolgten in regelmäßigen Abständen Inzisionen im PA-Spalt, um eine Mitwanderung des Knochens zu vermeiden. Anders als bei festsitzenden Multibandappara- turen ist eine definitive Kraftangabe bezüglich der Extrusion nicht möglich, da sich die Kräfte mit fortschreitendem Extrusionsgrad und je nach verwendeter elastomerer Kette ändern. Auf eine provisorische Versorgung zur Kaschierung der fehlenden Zahn- kronen musste in der Zeit verzichtet werden. Dies wurde von der Patientin akzeptiert. Gleichwohl war die Patien- tin sehr froh, als nach zehn Monaten die Wurzeln mit 4mm so weit nach crestal extrudiert schienen, dass nach einer anschließenden viermonatigen Retentionsphase die provisorische Ver- sorgung erfolgen konnte. Zwischen- zeitlich wurde Zahn 15 revidiert, da die endodontische Versorgung initial, aufgrund der Fragmente und somit ungenauer endometrischer Längen- bestimmung, nicht exakt genug erfol- gen konnte und die Vorraussetzungen vor der weiteren Versorgung möglichst optimiert werden sollten. Anschließend wurden beide Zähne mit adhäsiven Stiften (Komet) und Aufbaufüllungen (Optibond FL, (Kerr); Rebilda DC, (Voco)) versorgt und für die Aufnahme der LZPV-Kronen präpariert. Es erfolgte eine langzeitprovisorische Versorgung mit verblockten, laborgefertigten Kunststoff Provisorien (Dentallabor Wehner, Ludwigshafen). Geplant ist, im Laufe der nächsten Jahre definitive Kronen einzugliedern. Die junge Patientin war über die Aus- sicht auf Erhalt ihrer Zähne nach diesem schweren Unfall so begeistert, dass sie Interesse an unserer Profession entwickelte und wir sie als Auszubil- dende gewinnen konnten. DISKUSSION Im klinischen Alltag stellen tief zerstörte Zähne immer eine Herausforderung dar. Diese Herausforderung beginnt schon bei der Entscheidungsfindung „Erhalt oder Extraktion?“. Dabei sollte das oberste Ziel sein, die für den Pa- tienten bestmögliche Therapieoption zu finden, wobei die zu erwartende Compliance ein wesentlicher Aspekt bei der Entscheidungsfindung darstellt. Hierbei sollten auch Therapieoptionen in Betracht gezogen werden, die im ge- wohnten Praxisalltag vielleicht nicht allzu häufig zum Einsatz kommen. Ein Abb. 9: Zustand nach Stiftaufbau und Präparation für das Langzeit-PV Abb. 10: Zahnfilm nach Extrusion 14, 15, Revision 15 und Stiftaufbauten Abb. 11: LZPV in Situ: Die Farbe wurde auf Wunsch der Patientin heller gewählt. 9 10 11 56 | ZAHNMEDIZIN
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