Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

zm 110, Nr. 8, 16.4.2020, (827) Am Folgetag wurde eine erneute chirurgische Exploration durchgeführt, hier zeigten sich weitere Nekrosefelder (Abbildung 4). Ein erneutes Debride- ment und Lavagen wurden durch- geführt. In den nächsten Tagen stabili- sierte sich der Patient kardiopulmonal und die Entzündungsparameter waren rückläufig. Es erfolgte noch zweimal eine chirurgische Exploration, hierbei mussten nur noch wenige Nekrose- areale abgetragen werden und der Wundgrund befand sich zunehmend in sauberer Granulation (Abbildung 5). Reseziert wurden letztendlich große Teile der Kaumuskulatur (M. masseter, M. temporalis, M. pterygoideus medialis, M. mylohoideus) sowie das Platysma; die oberflächlichen und partiell tiefen Anteile der Halsfaszie rechtsseitig wur- den entfernt. Die Antibiotika-Therapie wurde nach der klinischen Diagnose der nekrotisierenden Fasziitis kalkuliert mit dem hausinternen Standard Imipe- nem, Metronidazol und Ciproflaxin eingeleitet. Nach Erhalt des mikro- biologischen Ergebnisses (Nachweis einer anaeroben Mischflora: Bulleidia extructa, Slackia exigua, Parvimonas micra / Peptostreptococcus micros, Fusobacterium species, Dialister pneumosintes) wurde spezifisch auf Piperacillin/Tazobactam deeskaliert. Der Patient wurde im Verlauf wieder auf die Normalstation zurückverlegt und erholte sich zusehends. Das Tracheostoma konnte zurückverlegt und ein oraler Kostaufbau eingeleitet werden. In der Rekonvaleszenzphase erlitt der Patient allerdings zwei Wochen später einen Herzinfarkt und verstarb. DISKUSSION Die nekrotisierende Fasziitis in der Kopf-Hals-Region ist ein seltenes Krankheitsbild. Die Inzidenz wird mit 0,2–400/100.000 [Stone and Martin, 1972; Bayetto et al., 2017; Wolf et al., 2010] pro Jahr in Europa angegeben. In den westlichen Ländern ist die Inzidenz aufgrund der frühzeitigen Diagnosestellung und der besseren medizinischen Versorgungsstruktur deutlich geringer als beispielsweise in PD DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat Abb. 2: Computertomografie: Lufteinschlüsse und Gewebseinschmelzungen (Weichteilfenster), axial Höhe Oberkiefer (a), coronar Höhe Unterkiefercorpus (b) sowie wieder axial (c) – die Pfeile markieren die in der Abszessspaltung eingebrachten Drainagen. 2a 2c 2b | 65

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