Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

zm 110, Nr. 8, 16.4.2020, (828) afrikanischen Ländern [Mtenga et al., 2019]. Die nekrotisierende Fasziitis be- trifft häufiger die Extremitäten und das Abdomen, lediglich 1–10 Prozent aller Fälle treten in der Kopf-Hals-Region auf [Gunaratne et al., 2018]. Hier sind die häufigsten Ursachen dentogenen oder pharyngealen Ursprungs, meist sind es Entzündungen der Unterkiefer- Molaren [Kämmerer et al., 2017; Bayetto et al., 2017; Gunaratne et al., 2018]. In manchen Fällen kann die nekrotisierende Fasziitis auch als Komplikation einer onkologischen Therapie auftreten [Gunaratne et al., 2018]. Die Mortalität ist in industriali- sierten Ländern 12–40 Prozent in der Kopf-Hals-Region, wobei eine rasche Diagnosestellung die Mortalitätsrate deutlich reduziert [Kämmerer et al., 2017; Gunaratne et al., 2018]. Neben den Leitsymptomen der zu- grunde liegenden Erkrankung sind Veränderungen der Haut, Erytheme und Blasenbildung, erste Anzeichen [Kämmerer et al., 2017]. Verläufe mit primär unspezifischen Veränderungen wie eine zunehmende Schwellung und Schmerzen sind möglich, erst in den späten Stadien treten Emphysem- bildungen und Krepitationen auf, was eine rasche Diagnose erschwert [Gunaratne et al., 2018]. Mögliche Komplikationen einer nekro- tisierenden Fasziitis der Kopf-Hals- Region sind insbesondere vaskuläre Probleme (Thrombose der V. jugularis interna, Blow-out der A. carotis, Aneurysmen der A. carotis), eine absteigende Mediastinitis oder eine Sepsis [Gunaratne et al., 2018]. Das Entstehen einer Sepsis wird mit dem SOFA-Score (Sequential Organ Failure Assessment) eingeschätzt. Anzeichen wären eine reduzierte Herz-Kreislauf- Situation (gegebenenfalls Katecholamin- pflichtig), Oxygenierungsprobleme, eine Thrombozytopenie, eine reduzierte Urinausscheidung, ein reduzierter Glasgow-Coma-Scale und ein Anstieg von Serum-Bilirubin/Kreatinin [Singer et al., 2016]. Die Entstehung einer Sep- sis ist bei der nekrotisierenden Fasziitis sehr häufig. Zur Diagnostik wird eine Schnittbild- diagnostik, in der Regel eine Computer- tomografie, empfohlen. Hierbei zeigen sich, wie im hier vorliegenden Fall, typischerweise Luftansammlungen und Gewebseinschmelzungen. Die Abgrenzung von Kutis und Subkutis ist regelhaft nicht mehr möglich [Kämmerer et al., 2017]. Das Vorliegen einer nekrotisierenden Fasziitis kann zusätzlich mit dem „Laboratory Risk Indicator for Necrotizing Fasciitis Score“ (LRINF) eingeschätzt werden, der positiv-prädiktive Wert wird in fortgeschrittenen Stadien mit 92 Pro- zent angegeben [Wong et al., 2004]. Abb. 3: Intraoperativer Situs: sichtbare Nekrose (Pfeil) bei der Inzision zur Tracheotomie (a), partielle Nekrose des M. temporalis (b, Faszie mit Pinzette angehoben), vorherige Drainage-Inzision im Planum buccale, auch hier zeigt sich eine Nekrose der tiefen Gewebsschichten (c) Abb. 4: Intraoperativer Situs: zweite chirurgische Exploration, fortschreitende Kolliquationsnekrose des M. masseter (a, Pfeil), fortschreitendes Nekrosefeld M. temporalis (b) 3a 3b 3c 4a 4b ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 66 | ZAHNMEDIZIN

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