Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09
zm 110, Nr. 9, 1.5.2020, (890) Vorsichtsmaßnahme. Diesen Ausfall fängt in der Regel keine Versicherung auf. Jeder Praxisinhaber sollte seine privaten Versicherungen aber gezielt durchlesen und prüfen, rät der Ge- samtverband der Deutschen Versiche- rungswirtschaft (GDV). Schließlich gibt es verschiedene Deckungsvarianten und unterschiedliche Versicherungs- modelle. Eine SARS-CoV-2-Infektion beziehungsweise die Erkrankung COVID-19 ist gegebenenfalls mit der „Seuchen-Klausel“ oder der Quaran- täneklausel gedeckt. IST CORONA HÖHERE GEWALT? Darüber hinaus gibt es die Allgefahren- deckung zum Beispiel durch die „Force-Majeure-Klausel“, die bei Betriebsschäden durch höhere Gewalt einspringt. Aber ist Corona als höhere Gewalt einzustufen? Genau das ist umstritten – und wird grichtlich ent- schieden werden müssen. Die meisten Arzt- und Zahnarztpraxen verfügen freilich gar nicht über diese Zusatz- vereinbarung, gibt das Versicherungs- management für Unternehmen der Funkgruppe zu bedenken. Mit fortschreitendem Stadium werden Leistungen zunehmend stärker einge- schränkt. So sind mittlerweile die Ausfallfolgen durch das aktuelle Corona-Virus nicht mehr generell versicherbar, sondern nur noch nach erfolgreicher Einzelfallprüfung, ver- deutlichen sowohl der GDV als auch Peter Grimm, Kuratoriumsvorsitzender der Medical Network Stiftung, ein un- abhängiger Verein, der unter anderem Zahnärzte berät. Grimm weist stattdessen auf die Betriebsausfallversicherung bezie- hungsweise die Betriebsschließungsver- sicherung hin. Diese kann Leistungen erbringen, falls die Praxis aufgrund einer Infizierung des Zahnarztes geschlossen werden muss. Sie über- nimmt die laufenden Betriebskosten, wenn der Inhaber als Leistungsträger aufgrund der eigenen Erkrankung nicht arbeiten kann. In der Pandemie- Zeit greift sie allerdings nur, wenn die Praxis auf behördliche Anordnung geschlossen wird. Verlangt die zustän- dige Behörde, dass zum Beispiel noch Notfall- oder Schmerzpatienten behan- delt werden sollen, der Praxisbetrieb al- so in reduzierter Form besteht, ist der Ausfall kein Versicherungsfall. Je nach Bundesland kann es zu unterschiedli- chen Anordnungen – und damit Ansprüchen – kommen. Entscheiden sich die Praxisinhaber für die Schließung oder die Einschränkung des Praxisbetriebs aus Vorsicht vor der Pandemie, wird die Argumentation gegenüber der Versicherung schwierig. Eine Ausschüttung ist unwahrschein- lich. Der individuelle Ausfall aufgrund der Infektion ist dagegen in den meisten Verträgen versichert, sollte die Praxis nicht durch einen Vertreter fortgeführt werden. Hier muss aber tatsächlich zwischen dem entstehenden Vermö- gensnachteil der Praxis und den priva- ten Kosten unterschieden werden. Was in den privaten Bereich fällt, ist über die Firmenversicherung nicht gedeckt, betont Grimm. SCHLIEßUNG AUS VORSICHT BLEIBT EIGENE SACHE Die Berufshaftpflichtversicherung als Pflichtversicherung deckt Behand- lungsfehler in Form von Schmerzens- geld sowie Schäden, die durch Dritte in der Praxis verursacht worden, zum Beispiel durch Angestellte. Sollte es zu einer nachweislichen Ansteckung kommen, muss die Versicherung kon- taktiert werden. In den meisten Fällen ist ein Versicherungsschutz aber aus- geschlossen oder stark begrenzt. Eine Infektion in der Praxis ist bei Einhal- tung der strengen Hygieneauflagen eher unwahrscheinlich, der Nachweis darüber schwierig. Im Beweisfall gilt die Einzelfallprüfung. Für jede Versicherung zählt grundsätz- lich die Frage nach der Schuldhaft, also ob eine Person schuldhaft gehandelt hat oder sogar vorsätzlich. Das lässt sich schwer nachweisen, eben auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus in der Zahnarztpraxis. Auch die Betriebsunterbrechungsversi- cherung kommt im Seuchenfall nicht auf. Sie deckt nur Sachschäden, etwa durch Feuer, Wasser, Einbruch oder Diebstahl, die zur Betriebsunterbre- chung führen. AUF EINEN BLICK \ Wie sind die vereinbarten Versicherungsvereinbarungen und -bedingungen meiner Praxis? Gibt es eine Seuchen-Klausel? \ Rückwirkend kann kein erweiterter Schutz vereinbart werden. \ Schadensablehnungen gegenprüfen lassen, spezialisierte Anwälte können dabei unterstützen. \ Solange es keine behördlich ange- ordnete Schließung der Praxis gibt, greift die Ausfallversicherung nicht. \ Bei behördlicher Anordnung kommt das IfSG für den Gewinn- verlust auf, nicht aber für die laufenden Betriebskosten. \ Der Verlust des aus der Selbstständigkeit erzielten Einkommens kann eine Kranken- tagegeldversicherung auffangen. \ Fällt der Praxisinhaber wegen COVID-19 oder Quarantäne aus, kann eine Vertretung über die Landeszahnärztekammer organisiert werden. \ Eine Infizierung ist schwer nach- zuweisen, ebenso die eigene Ansteckung durch einen Patienten. \ Achtung bei Neuverträgen: Die Versicherungen reagieren auf die Krise und nehmen Kriterien wie den Ausschluss von Pandemien oder sechs Monate Wartezeit bis zur Ausschüttung auf. 24 | PRAXIS
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=