Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09

zm 110, Nr. 9, 1.5.2020, (897) SITUATION DER ZAHNÄRZTLICHEN PRAXEN IN VERSCHIEDENEN LÄNDERN Belgien Bulgarien Dänemark Estland Frankreich Litauen Niederlande Österreich Polen Portugal Schweiz Spanien Südkorea UK Tab. 1 , Quelle: BZÄK behördliche Praxisschließung Notfallbehandlungen empfohlen nein nur Notfälle und angefangene Behandlungen nein nein nur Notfälle nein nein nein für 15 Tage geschlossen nur dringende Behandlungen nein nein Beschränkung auf nicht aufschiebbare Behandlungen finanzielle Kompensation nein nein ab 30 % Verlust 75 % davon, max. 3077 € monatlich nein 1500 € einmalig, 100 € monatlich höchstens minimal nein nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit angedacht wird diskutiert nein zinslose Darlehen im Gespräch Steuerstundung nein angekündigt \ Eine in Italien veröffentlichte Trauerliste für die an Covid-19 verstorbenen Angehörigen der Gesundheitsberufe nennt 60 ver- storbene Allgemeinmediziner und 8 Zahnärzte, von denen sich 5 bereits im Rentenalter befanden. Damit liegt die Sterbequote deut- lich unter der der italienischen Bevölkerung. Die Associazione Nazionale Dentisti Italiani (ANDI) gibt an, dass es sich bei den ver- storbenen Kollegen durchweg um Risikopatienten gehandelt habe – und kein Hinweis auf deren Infektion in einer Zahnarztpraxis bestehe. \ Aus Südkorea gibt es die Informati- on, dass sich nur zwei Zahnärzte infiziert hätten, sehr wahrschein- lich jedoch privat. DIE GEFAHR FÜR ANGEHÖRIE UND PATIENTEN Das genaue Infektionsrisiko von Patienten oder Familienmitgliedern von Zahnärzten oder zahnärztlichem Personal ließe sich nur mit komplexen epidemiologischen Studien bestim- men. Dafür fehlt bislang die Zeit und vermutlich in der Zukunft das Interes- se, so dass nur Anscheinsbeweise mög- lich sind. Wenn sich Familienmitglie- der häufiger über zum Beispiel ungeschützte Haare und Haut oder pri- vate Kleidung hinter nicht feuchtig- keitsdichter Schutzkleidung von Zahn- ärzten und zahnärztlichem Personal infizieren würden, wäre anzunehmen, dass sich auch vermehrt zahnärztliches Personal auf diesem Weg oder indirekt über deren Familienmitglieder infiziert. Mit der sehr geringen Infektionsrate von Zahnärzten und zahnärztlichem Personal in Wuhan, Italien und Korea, kann man diesen Infektionsweg prima facie derzeit als wenig wahrscheinlich weitgehend ausschließen. Bei der Infektionsgefahr für die Patien- ten ist eine Beweisführung schwieriger. Halten wir zunächst das Naheliegende fest: Zahnärztliche Teams, die überwie- gend nicht infiziert sind, können auch nicht im großen Stil direkt infizieren. Wie sähe es aber aus, wenn bei größe- rer Infiziertenzahl in der Bevölkerung auch vermehrt Zahnärzte und zahn- ärztliches Personal infiziert wären? Tatsächlich ist aber bislang nirgendwo auf der Welt – auch nicht in den Coro- na-Hotspots – ein Infektions-Cluster in Verbindung mit einer zahnärztlichen Praxis oder Klinik faktenbasiert disku- tiert worden. Auch hier kann man konstatieren, dass die seit Langem bestehenden Hygienevorgaben für die Zahnmedizin die Infektionswahr- scheinlichkeit für die Patienten im Vergleich zum Beispiel mit der Allge- meinmedizin massiv senken. Die aus China gemeldeten Zahlen stellen faktisch den allgemeinmedizini- schen Bereich mit seinen hohen Infek- tionszahlen im Vergleich zu dem zahn- ärztlichen Bereich massiv bloß – die für die Zahnmedizin veröffentlichten Zahlen sind im Vergleich kaum der Rede wert. Das würde ein autokrati- sches Regime wohl kaum tun, wenn die Zahnmedizin kein Vorbild wäre. CORONA IM SPEICHEL Ein wissenschaftlicher Kurz-Report aus Hongkong weckt falsche Erwartungen, | 31

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