Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09

zm 110, Nr. 9, 1.5.2020, (902) werden, in denen Schutzausrüstungen für die Behandlung infizierter Patienten vorhanden sind. Die Bereitstellung ge- eigneter Schutzausrüstung und die Etab- lierung entsprechend ausgerüsteter Ein- richtungen/Praxen hat staatlicherseits zu erfolgen. 3. Bei Patienten, die zu Risikogruppen 21 zählen, sollte die Behandlungsindikati- on vor allem bei elektiven Eingriffen besonders streng geprüft werden. Not- fallbehandlungen sollten unter Berück- sichtigung der besonderen Umstände weiterhin durchgeführt werden. Als all- gemeine Notfälle sollten dentale Infek- tionen, Abszesse, Blutungen, Unfälle oder Traumata und nicht zu tolerieren- de Schmerzen, etwa als Folge einer Pul- pitis behandelt werden. 4. Patienten ohne nachgewiesene Infek- tion oder Verdacht darauf können unter Beachtung bestehender Hygiene- vorschriften behandelt werden, insbe- sondere Behandlungen ohne Aerosol- bildung (Kieferorthopädie, Parodon- tologie, Prophylaxe, herausnehmbare Prothetik, Chirurgie, Funktionstherapie) können problemlos durchgeführt werden. 5. Als Experten des Mund-Rachen- Raums sind sich Zahnärzte schon im- mer der Bedeutung des Aerosols als Übertragungsmedium ansteckender Krankheiten bewusst und dafür hoch sensibilisiert 14,16 . Bis zur endgültigen wissenschaftlichen Klärung der Rolle zahnärztlichen Aerosols (im Gegensatz zur Tröpfcheninfektion) bei der Übertra- gung von Covid-19 15,17 , sollten zusätz- liche Maßnahmen getroffen werden, um Entstehung, Ausbreitung und Ver- breitung von Aerosol einzudämmen. Zusätzlich sollten räumliche, zeitliche und ablauftechnische Maßnahmen ent- sprechend der lokalen Gegebenheiten einer Einrichtung/Praxis eingeleitet wer- den, um die vom Robert Koch-Institut geforderte Abstandhaltung möglichst effektiv umzusetzen. 6. Zahnärzte haben als Arbeitgeber ih- ren Angestellten gegenüber eine Fürsor- gepflicht. Angesichts der Corona-Pande- mie können daher praxisbedingt besondere Maßnahmen notwendig werden, um den bestmöglichen Schutz für Patient, Personal und Behandler zu gewährleisten. 7. Im Bereich der Zahnerhaltung (Kario- logie, Endodontie, Parodontologie, Kin- derzahnmedizin) sollte zur Eindäm- mung/Vermeidung von Aerosolen der Einsatz von Turbinen, Pulverstrahlgerä- ten und Ultraschallscalern aus Sicher- heitsgründen vermieden werden. Der Einsatz von Kofferdam ist generell da empfehlenswert, wo er möglich ist. 8. Begonnene Behandlungen mit fest- sitzendem oder herausnehmbarem Zahnersatz sollten abgeschlossen wer- den. Der Beginn neuer Behandlungen, sollte unter Berücksichtigung der oben genannten Empfehlungen individuell abgewogen werden. Es ist im Einzelfall kritisch zu prüfen, ob der Behandlungs- beginnbeispielsweise bei ausgedehnter Teleskopprothetik verschoben werden kann, insbesondere vor dem Hinter- grund, dass bei Erkrankung von Patien- ten eine lange Zeit mit Provisorien über- brückt werden müsste. 9. Im Bereich der zahnärztlichen Chi- rurgie / MKG-Chirurgie ist der Schwer- punkt der aktuellen Maßnahmen in den Bereichen Tumor/Trauma/Notfall zu sehen. Implantologische Empfehlun- gen wurden bereits publiziert 22 . 10. Die DGZMK unterstützt ausdrück- lich die staatlicherseits eingeleiteten Maßnahmen zur Eindämmung der Co- vid-19-Pandemie, unterstreicht die Gemeinwohlverpflichtung der Zahnärz- tInnen und definiert die Zahnmedizin per se als uneingeschränkt systemrele- vant. Die bevorstehende Etablierung eines Rettungsschirms für Zahnärzte wird begrüßt. Wir danken unseren Part- nern von BZÄK und KZBV für die poli- tische Vertretung der Interessen der Zahnärzte und stehen für trilaterale Aktionen jederzeit bereit, um der Zahn- medizin im Ganzen auch politisch Nachdruck zu verleihen. Natürlich sind unsere einzelnen Fachge- sellschaften frei in der Entscheidung, ob sie über diese „Kurzliste“ hinausgehen- de Details veröffentlichen wollen. Die- ses Papier ist ohnehin eine Momentauf- nahme in einer staatlichen Krise und hat daher weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch auf dauerhafte Gültigkeit, es ist vielmehr „Work in Pro- gress“, also auch jederzeit aktualisierbar. Eine S1-Leitlinie der DGZMK zum The- ma „Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol- übertragbaren Erregern“ ist bei der AWMF angemeldet. Prof. Dr. Roland Frankenberger Präsident der DGZMK, stellvertretend für den geschäftsführenden Vorstand Marburg, den 16. April 2020 UNIV.-PROF. DR. MED. DENT. PROF. H.C. ROLAND FRANKENBERGER, FADM Abteilung für Zahnerhaltungskunde, Medizinisches Zentrum für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde, Philipps-Universität Marburg und Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH – Standort Marburg Georg-Voigt-Str. 3 35039 Marburg frankbg@med.uni-marburg.de Foto: privat 36 | POLITIK

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