Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09

zm 110, Nr. 9, 1.5.2020, (931) seröses, gelbliches Sekret. Der Zystenbalg konnte erfolgreich von der knöchernen Grundlage abgehoben und vom rest- lichen Weichgewebe separiert werden. Cranial berührte der Befund den weichgeweblichen Nasenboden ebenso wie anterior die freien Wurzelspitzen der Zähne 11 bis 22. Die Behandlung der wurzelgefüllten Zähne wurde mittels intraoperativer Wurzelspitzenresektion vervollständigt. Nach Entfernung der Zyste in toto konnte die Wunde nach Einlage von Kollagenkegeln schicht- weise wieder verschlossen werden. Nach dreitägigem stationärem Auf- enthalt wurde der Patient bei stabiler Wundsituation und regredienter Schwellung in die ambulante Weiter- betreuung entlassen. Die histopathologische Untersuchung bestätigte die Verdachtsdiagnose einer nasopalatinalen Zyste (Abbildung 4). Hier zeigte sich eine mit mehrschichtigem Plattenepithel ausgekleidete Zysten- wand. Als Ausdruck der florid über- lagerten, chronischen Entzündung wa- ren histologisch Einblutungen und gemischtzelliges Entzündungsinfiltrat bestehend aus Lymphozyten, Granulo- zyten und Plasmazellen erkennbar. DISKUSSION Erstmals im Jahr 1914 durch Meyer beschrieben [Meyer, 1914; Dedhia, 2013; Shylaja, 2013], stellt die naso- palatinale Zyste die häufigste nicht- odontogene Zyste des Kopf-Hals-Bereichs dar. In der Literatur werden Häufig- keiten von 1,7 bis 11,9 Prozent aller Kieferzysten angegeben [Aparna et al., 2014]. Die Inzidenz beträgt 1/100 Personen [Dedhia, 2013; Shylaja, 2013]. Synonym werden auch die Begriffe „Nasopalatinusgang-Zyste“ oder„Canalis incisivus-Zyste“ verwen- det [Dedhia, 2013]. Klinisch präsentiert sich die Zyste meist asymptomatisch und wird als radio- logische Zufallsdiagnose entdeckt. Möglich sind außerdem eine weich- gewebliche Vorwölbung des Gaumens ebenso wie Schwellung und Schmerz – insbesondere in Assoziation mit einer Infektion der Zyste [Shylaja, 2013]. Die Vitalität der Zähne ist typischerweise erhalten [Dedhia, 2013]. Entsprechend den WHO-Kriterien wird die naso- palatinale Zyste den entwicklungs- bedingten, epithelialen, nicht-odonto- genen Zysten zugeordnet [Shylaja, 2013]. Vermutet wird die Entwicklung aus embryologischen Überresten des DIANA HEIMES Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie – plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat CME AUF ZM-ONLINE Zufallsbefund nasopalatinale Zyste Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME- Punkte der BZÄK/ DGZMK. Foto: Universitätsklinikum Mainz Abb. 3: Intraoperativer Befund: Nach Ablösen der Schleimhaut des anterioren Gaumens (hier nach caudal mobilisiert, Sicht auf das Bindegewebe des Schleimhautlappens) zeigt sich ein Zystenbalg. Bei Eröffnung entleert sich aus diesem reichlich gelbliche Flüssigkeit. Nach dem Herausschälen der Zyste ist cranial der weichgewebliche Nasenboden sichtbar. Foto: Universitätsklinikum Mainz Abb. 4: Histologisches Bild einer nasopalatinalen Zyste: Dargestellt ist eine mit mehr- schichtigem Plattenepithel ausgekleidete Zystenwand mit florid-chronischer Entzündung. | 65

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=