Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09
z m 110, Nr. 9, 1.5.2020, (9 33) darstellen. Die Form der Zyste wird durch die Überlagerung mit der Spina nasalis beeinflusst. Durchschnittlich sind die Zysten etwa 1,5 cm groß [Nelson, 2010; Shylaja, 2013]. Auf- grund der engen Lagebeziehung zum Foramen incisivum wurde zur Unter- scheidung ein oberer Grenzwert von 6 mm für eine physiologische Weite des Canalis incisivus festgelegt. Oberhalb dieser Grenze sollte eine potenzielle Pathologie ausgeschlossen werden [Shylaja, 2013]. Das typische Erkrankungsalter liegt zwischen 40 und 60 Jahren; Männer sind zweimal häufiger betroffen [Dedhia, 2013; Shylaja, 2013; Aparna et al., 2014]. Histologisch zeigt sich eine fibröse Zystenwand, die durch mehrreihiges Flimmer- und Plattenepithel überkleidet ist. In 72 Prozent der Fälle enthalten die Zysten Platten-, Säulen- oder kubisch geformte Epithelanteile; respiratorisches Epithel ist mit einem Vorkommen von 10 Prozent eher selten. Aufgrund der relativen Nähe zur Nasen- und Mund- höhle ist die Art des Epithels relativ va- riabel. Je nach Lokalisation dominiert Riech- oder Plattenepithel. Die Zysten- wand kann Lymphozyten- und Plasma- zellen als Ausdruck einer chronischen Inflammation enthalten. Das Vorkom- men von neurovaskulären Bündeln, Drüsen und Fettgewebe unterstützt die Verdachtsdiagnose. Aufgrund der mög- lichen Hyperkeratose können naso- palatinale Zysten histologisch mit der Keratozyste verwechselt werden. Eine maligne Transformation in ein Platten- epithelkarzinom ist prinzipiell möglich, jedoch sehr selten [Shylaja, 2013]. Klinisch und radiologisch sind diffe- renzialdiagnostisch odontogene Zysten (Radikuläre Zyste, Keratozyste), odonto- gene Tumore (Ameloblastom, Myxom) und nicht-odontogene Tumore (Zen- trales Riesenzellgranulom, Hämangiom) [Aparna et al., 2014] in Betracht zu ziehen. Abbildung 5 gibt einen Über- blick über eine mögliche Einteilung der Kieferzysten. Eine ausführliche Differenzialdiagnostik ist insbesondere wichtig, um nicht notwendige Therapien zu vermeiden und potenziell maligne Entitäten aus- zuschließen. Die Therapie der Wahl ist die Zystektomie, bei ausgedehnten Defekten auch mit Auffüllen des Zys- tenbettes mit Eigenknochen [Shylaja, 2013]. Rekurrenzraten bis zu 11 Prozent werden nach chirurgischer Therapie berichtet. Eine komplette Regeneration des Knochens nach drei Jahren liegt bei 70 bis 82 Prozent der Patienten vor [Elliott et al., 2004]. \ FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Die nasopalatinale Zyste wird den entwicklungsbedingten, epithelialen, nicht-odontogenen Zysten zugeordnet. \ Klinisch kann sie sich durch eine palatinale Schwellung bemerkbar machen, ist jedoch meist eine radiologische Zufallsdiagnose. \ Die radiologische Differenzial- diagnostik zystischer Kiefer- veränderungen ist eine Heraus- forderung; die chirurgische Therapie inklusive der histo- pathologischen Aufarbeitung ist zur sicheren Diagnosestellung unabdingbar. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. PD DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat 3 M Filtek Universal Restorative Ru ndum einfach. 3m.de/dental | 67
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