Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09
zm 110, Nr. 9, 1.5.2020, (937) apikale Parodontitis, überpresstes Wurzelfüllmaterial, Wurzelfraktur, Instrumentenfraktur, Via Falsa oder Obliteration im Apikalbereich \ Erste Operation versus Revisions-WSR Retrograde Wurzelfüllungen kamen in der Studie aufgrund von fehlenden Fallzahlen nicht vor. Der Operateur arbeitete mit einer 2,5-fach vergrößernden Lupenbrille. Stellte sich eine Wurzelfüllung intra- operativ von der apikalen Ansicht her als nicht suffizient heraus, resezierte er erneut ein weiteres Stück der Wurzel- spitze. War die Wurzelfüllung dann noch immer insuffizient, revidierte der Operateur intraoperativ von orthograd die Wurzelfüllung und füllte den Kanal / die Kanäle erneut mit Guttapercha mittels lateraler und vertikaler Kon- densation (Sealer: Endomethasone N ® , Septodont oder AH26 ® , Dentsply). Über den Einsatz von Knochenersatz- material entschied er individuell nach Defektgröße ohne normierte Kriterien festzulegen (FRIOS Algipore ® , Dentsply; Bio-Oss ® , Geistlich oder BoneCeramic TM , Straumann ® ). ERFOLGSDEFINITION Die WSR wurde als erfolgreich einge- stuft, wenn die Zähne mindestens ein Jahr postoperativ in situ waren, sie per- kussionsnegativ waren und der Patient keine Aufbissbeschwerden hatte. Es durften keine Schmerzen von apikal her vorhanden sein, eine Verknöcherung des Defekts im Röntgenbild musste sichtbar sein, und der Patient sollte subjektiv beschwerdefrei sein. ERGEBNISSE 1. Von 261 Wurzelspitzen-resezierten Zähnen waren 166 (64 Prozent mittlere Erfolgsquote) erfolgreich, während die Forscher 95 Zähne (36 Prozent) als nicht erfolgreich aus der Nach- beobachtung ausschlossen. Die 5-Jah- res-Erfolgsrate erfüllten 78,2 Prozent der WSR-behandelten Zähne. Sie waren mindestens 60 Monate erfolgreich in situ. Die 10-Jahres-Erfolgsrate erreichten 63,1 Prozent. Sie blieben mindestens 120 Monate erfolgreich in situ. 2. Das Geschlecht der Patienten wirkte sich nicht auf die Erfolgsrate aus. 3. Bezogen auf das Alter war die Gruppe der 20- bis 39-Jährigen mit 73,2 Pro- zent die mit den meisten erfolgreichen Wurzelspitzenresektionen. Danach kam die Gruppe der 40- bis 59-Jäh- rigen mit 60,2 Prozent Erfolgsrate. Der Unterschied zur nächst jüngeren Altersgruppe war statistisch signifikant. Die Gruppe der mindestens 60-Jährigen hatte mit 46,2 Prozent die geringste Erfolgsrate. Der Unterschied zur Gruppe der 20- bis 39-Jährigen war statistisch hochsignifikant. 4. Bezogen auf die Zahngattung hatten die oberen Molaren mit 77,8 Prozent die beste Erfolgsrate. Am zweitbesten schnitten die unteren Frontzähne mit 76,9 Prozent ab. Ein statistischer Ver- gleich zwischen allen untersuchten Zahntypen zeigte keine signifikanten Unterschiede. 5. Verwendete der Operateur Knochen- ersatzmaterial zur Defektfüllung, lag die 5-Jahres-Erfolgsrate bei 75,7 Pro- zent versus 78,6 Prozent, wenn er kein Knochenersatzmaterial benutzte. Die 10-Jahres-Erfolgsrate mit Knochen- ersatzmaterial betrug 50,1 Prozent im Unterschied zu 64,6 Prozent ohne Defektfüllung mit Knochenersatz- material. Allerdings waren diese Unter- schiede nicht signifikant. 6. Die Erfolgsraten von Zähnen mit parodontalen Vorschäden hatten eine Tendenz zu einer schlechteren Prognose. Die Unterschiede zwischen den Zähnen, die präoperativ paro- dontal gesund waren, und denen, die präoperativ schon parodontale Vor- schäden hatten, waren allerdings nicht signifikant. 7. Beim Vergleich zwischen Primär- operationen (n=245, 164 erfolgreich) und wiederholter Wurzelspitzenresek- tion (n=16, 9 erfolgreich) konnten die Wissenschaftler aufgrund der zu unter- schiedlichen Gruppengröße keine sinnvolle statistische Auswertung vor- nehmen. Die Anzahl der Zähne bezo- gen auf die einzelnen Indikationen, die zur Wurzelspitzenresektion geführt hatte, war zu ungleichmäßig verteilt, um hier eine verwertbare Statistik durchzuführen. DISKUSSION Das Behandlungsergebnis einer WSR ist abhängig von der Erfahrung und dem Können des Operateurs. Daher können die Ergebnisse dieser Studie nicht generell auf andere Behandler übertragen werden. Bezüglich der Erfolgsrate in Abhängigkeit von der Zahngattung ist die Studienlage unein- deutig. Fiedler 2014 und Zuolo et al. 2000 fanden Zusammenhänge, Weiler 2009 sowie Wesson und Gale 2003 konnten wie in der vorliegenden Studie keine Zusammenhänge erkennen. Dass Wurzelspitzenresektionen in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen statistisch signifikant erfolgreicher sind als in der Altersgruppe der 40- bis 59-Jährigen sowie in der Gruppe der 60-Jährigen und Älteren, könnte daran liegen, dass mit zunehmendem Alter vermehrt Komorbiditäten auftreten. Andere Studien stützen diese Ergeb- nisse jedoch nicht [Song et al., 2012; von Arx et al., 2001]. FAZIT Eine Wurzelspitzenresektion stellt eine gute Möglichkeit dar, einen Zahn nach einer missglückten endodontischen Behandlung langfristig zu erhalten. Der Erfolg der WSR ist laut dieser Studie unabhängig von der Zahn- gattung. Doch sollten Behandler gerade bei Menschen im höheren Lebensalter überprüfen, ob nicht ein Implantat als eine vielversprechende Behandlungsalternative zur WSR infrage kommt. Dr. Kerstin Albrecht Quelle: Andreas Sakkas, Karsten Winter, Maximilian Rath, Frank Mascha, Sebastian Pietzka, Alexander Schramm, Frank Wilde: „Factors influencing the long-term prognosis of root tip resected teeth.” GMS Interdiscip Plast Reconstr Surg DGPW. 2019; 8: Doc13. doi: 10.3205/iprs000139 ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. | 71
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