Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (998) CORONA-KRISE IN GROßBRITANNIEN Ignorieren, Vortäuschen, Lügen: Die Geschichte eines Staatsversagens Woran kann man ein Versagen des Staates erkennen? Unter anderem daran, dass sich ein 99-jähriger Kriegsveteran mit seinem Rollator im eigenen Garten auf den Weg macht, um mit einhundert Runden Geld für das britische Gesundheitssystem zu sammeln. Das einsamste Wagenrennen der Geschichte seit Ben Hur. T om Moore wollte Geld für ein Gesundheitssystem sam- meln, das steuerfinanziert ist und jährlich Milliarden Pfund verschlingt. Ein Gesundheitssystem, das damit beschäftigt ist, Ineffizienz zu feiern und ständig neue Management- und Kontrollebenen einzuführen, statt effi- ziente Versorgungsstrukturen an der Basis aufzubauen. Ein Gesundheitssystem in einem der reichsten Länder der Erde, das bereits im Normalbetrieb an seine Grenzen kommt. Ursprünglich hatte Moore den Plan, 10.000 Pfund durch seine Aktion zusammenzubringen, am Ende wurden es mehr als 20 Millionen. Das Versagen der Behörden im Königreich während der Corona-Krise lag offen auf der Hand, auch wenn man versuchte, mit allerlei Ablenkungen zu arbeiten. AUS MÜLLTÜTEN GEBASTELTE SCHUTZKLEIDUNG Was interessierte es das medizinische Personal, wenn die Leute medial aufgefordert wurden, für ihre „Helden“ zu klatschen und es gleichzeitig an wichtiger Schutzausrüstung fehlte. Stattdessen sollten sich Krankenschwestern Schutz- kleidung aus Mülltüten basteln, denn immerhin gebe dies ja einen gewissen Schutz vor einer Ansteckung. Über 100 Menschen, die in der Versorgung von Corona-Patienten arbeiteten, infizierten sich und verstarben. Gerade zu Beginn der Krise, als noch nicht abzusehen war, wie gefährlich oder ungefährlich das neue Corona-Virus ist, fragten sich viel Inhaber zahnärztlicher Praxen, was sie machen sollten. Weiterarbeiten und sich, ihre Mitarbei- terinnen und Patienten einer Gefahr aussetzen oder die Praxistätigkeit reduzieren, vielleicht die Praxis sogar ganz schließen. Letzteres ist für die Praxen in England aufgrund ihrer Verträge mit dem NHS nicht möglich. Gleichzeitig forderte Boris Johnson die Briten zu dieser Zeit auf, nicht mehr in die Pubs zu gehen und social distancing einzuhalten. Die Aufforderungen verhallten jedoch. Die Unsicherheit in den Zahnarztpraxen steigerte sich noch, als es keinen Mundschutz mehr zu kaufen gab. Nach den Vorschriften müsste eigentlich nach jedem Patienten der Mundschutz gewechselt werden. Man änderte kurzerhand die Vorschriften. Foto: AdobeStock_345899884 36 | POLITIK

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