Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (1016) sätze von ursprünglich 1,25 Prozent auf nun 3 Prozent an- gehoben. Der Umsatz von 24.500 Euro orientiert sich am gewerbesteuerlichen Freibetrag nach § 11 Absatz 1 Nummer 2 GewStG, da bis zu diesem Gewinn keine Gewerbesteuer entsteht. Eine unerwünschte Gewerbesteuerpflicht für Zahnmediziner droht insbesondere in folgenden drei Konstellationen: 1. Kooperation mit Laboren oder Nicht-Zahnärzten Sharing ist in unserer Gesellschaft offenbar ein Trend, der auch vor der Zahnärzteschaft nicht Halt macht, denn es macht aus Kosten- und Ressourcengründen ja durchaus Sinn, bestimmte Infrastrukturen gemeinsam zu nutzen. Für den Zahnarzt birgt dieser Trend aber gewisse Risiken im Hinblick auf die Gewerblichkeit seiner Einkünfte. Grundsätzlich ist ein Zusammenschluss von Leistungs- erbringern, die sowohl Einkünfte aus Gewerbebetrieb als auch Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielen, proble- matisch. Betreibt beispielsweise eine Gemeinschaftspraxis ein Praxislabor, das wiederum auch für andere, nicht an der Gemeinschaftspraxis beteiligte Zahnärzte arbeitet, ist die Tätigkeit dieses Labors gewerblich und kann auf die Tätig- keit der gesamten Zahnarztpraxis abfärben. Der Betrieb des Labors infiziert die Einkünfte der Gemeinschaftspraxis und es droht Gewerbesteuer. Selbiges gilt auch beim Betrieb eines Prophylaxe-Shops. Die Umqualifizierung von freiberuflichen Erträgen in Gewerbeerträge bei Überschreitung der Bagatellgrenze kann nur durch eine konsequente Trennung der gewerblichen von den freiberuflichen Umsätzen verhindert werden, etwa durch Ausgliederung in eine andere Gesellschaft. In einer MVZ-GbR droht die Gefahr der gewerblichen Infizierung auch durch die Tätigkeit eines Nicht-Zahnmedi- ziners auf Gesellschafterebene. Auch hier schützt die Aus- lagerung der nicht-zahnmedizinischen Tätigkeiten des entsprechenden Gesellschafters in eine eigene Gesellschaft. 2. Angestellte Zahnärzte und „Unechte“ Beteiligungen Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gilt: Bedient sich der Zahnarzt der Mithilfe angestellter Zahnärzte, gilt der Praxisgewinn dann nicht als gewerblich, wenn der Praxis- inhaber weiterhin die „fachliche und organisatorische Auf- sicht“ hat und „leitend und eigenverantwortlich“ tätig ist. Der Bundesfinanzhof hat 2015 folgende Leitsätze zur Beschäftigung angestellter Ärzte festgelegt: „1. Selbstständige Ärzte üben ihren Beruf grundsätzlich auch dann leitend und eigenverantwortlich aus, wenn sie ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen. 2. Voraussetzung dafür ist, dass sie aufgrund ihrer Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit ihres angestellten Fachpersonals – patientenbezogen – Einfluss nehmen, so dass die Leistung den „Stempel der Persönlichkeit“ des Steuerpflichtigen trägt (Anschluss an BFH-Urteil vom 22. Januar 2004 IV R 51/01, BFHE 205, 151, BStBl II 2004, 509). 3. Führt ein selbstständiger Arzt die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durch, legt er für den Einzelfall die Behandlungsmethode fest und behält er sich die Behandlung ‚ problematischer Fälle‘ vor, ist die Erbringung der ärztlichen Leistung durch angestellte Ärzte regelmäßig als Ausübung leitender eigenverantwortlicher freiberuflicher Tätigkeit im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG anzusehen.“ (BFH, Urteil vom 16.7.2014, VIII R 41/12) Achtung: Problematisch ist auch die Tätigkeit nicht am Vermögen beteiligter Gesellschafter (sogenannte Null- Beteiligte) in Gemeinschaftspraxen! Angestellte Zahnärzte dürfen also nicht eigenverantwortlich arbeiten, sondern die Verantwortung obliegt immer dem Praxisinhaber. Das gilt für alle zahnärztlichen Kooperatio- nen und Anstellungsverhältnisse, vor allem auch für Zweig- praxen. Bei MVZ in der Rechtsform der GbR ist die Gefahr der Gewerblichkeit besonders groß durch die größere Anzahl angestellter Zahnärzte. EINE „PERSÖNLICHE“ PATIENTENBEZOGENE LEITUNG DES PRAXISINHABERS IST NÖTIG Um die Umqualifizierung freiberuflicher in gewerbliche Einkünfte durch die Tätigkeit angestellter Zahnärzte zu ver- meiden, ist demnach eine fachliche und „persönliche“ patientenbezogene Leitung des Praxisinhabers mit der ent- sprechenden Dokumentation nötig (Nachweispflicht!). Der Praxisinhaber sollte daher im Anstellungsvertrag seine leitende Funktion hervorheben. Gleichzeitig sollten regel- mäßige Supervisionen, Kontrollen und konsiliarischen Er- örterungen mit den angestellten Kollegen vorgenommen werden. Zudem hilft ein straff organisiertes Qualitäts- management, bei dem mithilfe von Arbeitsanweisungen und Richtlinien der Inhaber seine leitende Tätigkeit nach- weist. Eine dauerhafte Anwesenheit in der Praxis und ein mög- licher Eingriff in die zahnärztliche Tätigkeit der angestellten Kollegen ist (außer es handelt sich noch um Assistenzzahn- ärzte) nach aktueller Rechtslage nicht vorgeschrieben. 3. Gewerbliche Tätigkeiten Der „Klassiker“ unter den gewerblichen Tätigkeiten in einer Zahnarztpraxis ist der Prophylaxe-Shop. Hier gilt die Gefahr der gewerblichen Infizierung durch Umsätze über 24.500 Euro pro Jahr oder 3 Prozent der Gesamtumsätze. Die Situation ist bei Einzelpraxis und Gemeinschaftspraxis jedoch unterschiedlich: \ Einzelpraxis: Mit dem Verkauf von Mundhygiene- artikeln werden Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erzielt. Einnahmen und Ausgaben aus diesem Shop sind daher von der zahnärztlichen Tätigkeit getrennt zu erfassen (eigenes Kassenbuch, gegebenenfalls auch eigene Buchhaltung). 54 | PRAXIS

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