Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (1018) DER BESONDERE FALL MIT CME Dislozierte beidseitige Collumfraktur – Probleme der konservativen Behandlung Matthias Gielisch, Frank Schmidseder, Peer W. Kämmerer Im Urlaub hatte sich eine Patientin eine beidseitige Fraktur der Gelenkfortsätze des Unterkiefers zugezogen, die am Unfallort konservativ mittels Ruhigstellung behandelt worden war. Im Verlauf von mehreren Monaten kam es allerdings zu einem progredient größer werdenden offenen Biss, so dass eine operative Umstellung und osteosynthetische Fixierung der Kiefergelenksfortsätze notwendig wurde. E ine 70-jährige Frau stellte sich auf Überweisung eines niedergelasse- nen MKG-chirurgischen Kollegen mit einem sich progredient ent- wickelnden offenen Biss vor. Anam- nestisch hatte sie im Urlaub vor drei Monaten einen Fahrradsturz erlitten, war direkt auf das Kinn gefallen und hatte sich dabei eine mehrfragmentäre Unterkieferfraktur (paramedian rechts, Gelenkfortsätze beidseits) zugezogen. Noch am Unfallort erfolgte die offene Reposition und Osteosynthese der Paramedianfraktur. Die beidseitige Collumfraktur wurde geschlossen- konservativ mittels fünfwöchiger inter- maxillärer Fixierung behandelt. Kli- nisch zeigte sich ein frontoffener Biss von circa 4 mm mit Frühkontakt im Molarenbereich (Abbildung 1). Die Patientin konnte auch anhand alter Fotografien überzeugend darstellen, dass dieser vor dem Unfall bei ihr nicht vorgelegen hatte. Die Patientin war sehr verängstigt, da sich die Situation immer weiter ver- schlechterte, ihr Biss sich also immer mehr verschob. Insbesondere beklagte sie die kaufunktionelle Einschränkung mit dem Unvermögen des Abbeißens, aber auch den für sie ästhetisch unbe- friedigenden Status. Sensorische oder motorische Defizite lagen nicht vor. Eine 3-D-radiologische Untersuchung via dentaler Volumentomografie (DVT) zeigte beidseits in Fehlstellung teilweise pseudarthrotisch eingeheilte Kiefer- gelenksfortsätze sowie eine suffiziente osteosynthestische Versorgung para- median rechts (Abbildungen 2 und 3). Auch unter Beachtung des langen Zeit- raums zwischen dem Frakturhergang und der Vorstellung wurden mit der Patientin die Optionen des Belassens der Situation, einer kieferorthopä- dischen, einer prothetischen und einer chirurgischen Therapie mit den Abb. 1: Klinischer Situs bei Erstvorstellung: Es zeigt sich ein frontoffener Biss mit Frühkontakt auf dem ersten Molaren. DR. MATTHIAS GIELISCH Assistenzarzt Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie der Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 3, 55131 Mainz Foto: privat CME AUF ZM-ONLINE Dislozierte beidseitige Collumfraktur Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. 56 | ZAHNMEDIZIN

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