Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (1027) eine mögliche Chronifizierung des Schmerzes, Periostschwielen, radio- logisch sichtbare, osteolytische Ver- änderungen und Sklerosierungen des Kieferknochens nebeneinander und mögliche Sequesterbildungen mit Totenladen. Neben den sekundär-chro- nischen Osteomyelitiden, die aus einer akuten Osteomyelitis hervorgehen, sind primär-chronische Osteomyelitiden auch teils nicht-bakterieller Genese wie beispielsweise die chronisch-rekur- rierende multifokale Osteomyelitis (CRMO) als Teil des SAPHO-Syndroms (Synovitis, Akne, Pustulosa, Hyperostose, Osteitis). Diese tritt meist bei Kindern und Jugendlichen auf und zeigt in etwa 10 Prozent der Fälle eine Beteiligung des Kieferknochens [Tlougan et al., 2009; Haeffs et al., 2018; Buch et al., 2019; Dunphy et al., 2019; Figueiredo et al., 2019; Kudva et al., 2019; Liu et al., 2019]. KASUISTIK Eine 69-jährige Patientin stellte sich aufgrund eines paramandibulären Infiltrats und starker Schmerzen im Bereich des linken Unterkiefers zwei Wochen nach operativer Entfernung des Zahnes 38 alio loco sowie mit dem Verdacht auf ein in der regio 038 in situ befindliches Zahnfragment erstmals an unserer Klinik vor. Ihr Allgemein- zustand war zum Zeitpunkt der Erst- vorstellung deutlich reduziert. Anam- nestisch ergaben sich eine leichte Depression und eine ausgeprägte, bislang nicht behandelte, pulmonale Hypertonie. Zunächst erfolgte in Lokalanästhesie die Spaltung des paramandibulären Infiltrats von intraoral mit Spülung und Streifeneinlage. Anschließend wurde die Patientin zur Schmerz- und systemischen Antibiotikatherapie (Ampicillin/Sulbactam) stationär auf- genommen. Im DVT bestätigte sich der anfängliche Verdacht auf ein in regio 038 befindliches Zahnfragment (Abbildung 1). Aufgrund der Lage des Fragments, der starken Schmerzen und des reduzierten Allgemeinzustands der Patientin erfolgte die Entfernung des verlagerten und ankylosierten Zahn- fragments in regio 038 in Vollnarkose. Der postoperative Verlauf gestaltete sich schwierig und zeigte zunächst keinerlei Verbesserung der Symptome. Die Patientin klagte weiter über aus- geprägte Schmerzen im Bereich des linken Kieferwinkels sowie über eine zunehmende Par-/Hypästhesie im Innervationsgebiet des N. alveolaris inferior im Sinne einer Vincent-Symp- tomatik. Des Weiteren kam es sowohl klinisch als auch laborchemisch zu einer weiteren Progredienz des Entzün- dungsgeschehens am linken Unter- kiefer. In Vollnarkose erfolgte dann nach Einschmelzung die Eröffnung des mittlerweile in der masseterico- und pterygomandibulären Loge lokalisier- ten Abszesses von extraoral sowie die Einlage von zwei Drainageröhrchen in die entsprechenden Logen. Aufgrund weiterhin zunehmender Beschwerden sowie einer klinisch und laborchemisch nicht rückläufigen Entzündungsproblematik erfolgte einige Tage später ein CT der Kopf-Hals- Abb. 2: Das CT (koronar, Knochenfenster) zeigt eine ausgedehnte, die Innen- und Außenkompakta einschließende, osteolytische Veränderung des linken aufsteigenden Unterkieferastes, die von distal der regio 37 bis unterhalb des linken Collums reicht (weißer Kreis). Die beiden im Rahmen der Abszessspaltung von extraoral nach masseterico- und pterygomandibulär eingebrachten Drainageröhrchen befinden sich in situ (weiße Pfeile). Abb. 3: Die Panoramaschichtaufnahme zeigt die im Rahmen der intraoralen Wundinspektion und -revision aufgetretene pathologische Unter- kieferfraktur in regio 038 sowie die temporär zur Stabilisierung eingebrachte 2.0-Mini- Osteosyntheseplatte und die ausgedehnte osteolytische Veränderung des linken auf- steigenden Unterkieferastes (weißer Kreis). OBERFELDARZT BERND-GÜNTHER LASKOWSKI Klinik VII; Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie Bundeswehrzentralkrankenhaus Rübenacherstr. 170, 56072 Koblenz Foto: BWZK | 65

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