Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (1028) Region mit Kontrastmittel. Hier zeigte sich eine neu aufgetretene Abszess- ausbreitung in Richtung links subman- dibulär-anterior. Zusätzlich zeigte sich im Knochenfenster eine deutliche, aus- geprägte Osteolyse des gesamten lin- ken aufsteigenden Unterkieferastes distal des Zahnes 37 bis hin zum Collum mit Beteiligung der nahezu ge- samten Innen- und Außenkortikalis (Abbildung 2). In Vollnarkose erfolgte von extraoral die Einlage eines weiteren Röhrchens in Richtung links submandibulär-ante- rior sowie eine gründliche Revision der intraoralen Wunden. Dabei kam es bei der intraoralen Inspektion und Wund- revision zu einer pathologischen Kie- ferwinkelfraktur. Es bestätigte sich die bereits in der CT-Bildgebung diagnos- tizierte, ausgeprägte osteolytische Ver- änderung des Unterkieferknochens. Die Fraktur wurde zunächst temporär mittels einer 2.0-Mini-Osteosynthese- platte fixiert (Abbildung 3). Nach Rückgang der akut sezernieren- den Entzündung erfolgte dann in Voll- narkose der operative Zugang zum lin- ken Unterkiefer von extraoral und die Darstellung der Fraktur und des linken aufsteigenden und nahezu gesamten horizontalen Unterkieferastes. Bei der Dekortikation der Außenkortikalis zeigte sich eine massiv entzündliche, osteolytische Veränderung des gesamten Unterkieferknochens von regio 38 bis hin zum hohen linken Collum. Aufgrund des ausgedehnten Befunds fiel die Entscheidung zu einer Kontinuitäts- resektion mit einer Exartikulation des linken Kiefergelenks und Einbringen einer Rekonstruktionsplatte mit Gelenk- ersatz (Abbildung 4). Der N. alveolaris inferior sowie der N. lingualis konnten erhalten werden. Die pathologische Aufarbeitung des Unterkieferresektats zeigte eine umschriebene Knochen- nekrose mit mehrherdiger, überwie- gend chronischer Osteomyelitis zu- sammen mit einer Fettmarksfibrose und einer periostalen Stromafibrose. Der postoperative Heilungsverlauf zeigte sich bei kontinuierlich klinisch und laborchemisch rückläufigem Entzün- dungsgeschehen komplikationslos. Die Schneidekantendistanz betrug postoperativ gemessen 38mm. Neben einem engmaschigen Recall wird die Patientin zur Verbesserung der Unter- kiefermobilität physiotherapeutisch begleitet. Bezüglich der pulmonalen Hypertonie erfolgt nach konsiliarischer Empfehlung in domo die zeitnahe Weiterbehandlung an einem ent- sprechenden Zentrum. Aktuell befindet sich die Patientin in einem sehr guten, entzündungs- und schmerzfreien All- gemeinzustand mit einer regelrechten Okklussion und einer guten mandibu- lären Funktion (Abbildung 5). DISKUSSION Akute Osteomyelitiden werden mit- unter erst spät erkannt beziehungsweise fehldiagnostiziert, wodurch sich der zeitnahe Beginn einer entsprechenden Therapie empfindlich verzögern kann. Ein wichtiges diagnostisches Hilfs- mittel ist die ausführliche Anamnese in Kombination mit dem klinischen Beschwerdebild des Patienten. Ergän- zend dazu erlauben laborchemische Parameter (zum Beispiel C-reaktives Protein, Leukozyten, Blutkörperchen- FLOTTILLENARZT DR. MED. DR. MED. DENT. AXEL MAYER Klinik VII; Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie Bundeswehrzentralkrankenhaus Rübenacherstr. 170, 56072 Koblenz Alle Fotos: Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Abb. 5: Die intraorale Situation zeigt zwei Monate nach der Unterkieferteilresektion mit Gelenkersatz eine gute Okklusion und eine gute mandibuläre Funktion. Abb. 4: Die 3-D-Rekonstruktion des postoperativen CT-Datensatzes zeigt die nach Kontinuitäts- resektion distal von 37 mit Exartikulation links eingebrachte Rekonstruktionsplatte mit Gelenkersatz. 66 | ZAHNMEDIZIN

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