Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (1036) AUS DER WISSENSCHAFT Was Parodontitis und rheumatoide Arthritis verbindet Die Zusammenhänge zwischen Parodontitis und rheumatoider Arthritis sind inzwischen gut belegt. Aber was verbindet die Erkrankungen? Wird eine behandelt, bessern sich die Symptome der anderen. Forscher aus Halle haben nun untersucht, ob beiden chronisch entzündlichen Krankheiten dieselben genetischen Risikofaktoren zugrunde liegen. V erschiedene Studien erbrachten den Nachweis, dass Rheumapatienten unter schwereren Verlaufsformen einer Parodontitis leiden als Kontrollgruppen ohne rheumatische Grunderkrankung [Mercado et al., 2000; de Pablo et al., 2009; Reichert et al., 2013]. Patienten mit Parodontitis wiederum sind anfälliger für eine rheumatoide Arthritis verglichen mit gesunden Personen [Mercado et al., 2000]. Die nicht-chirurgische Therapie der Parodontitis hat positive Effekte auf die rheumatischen Beschwerden von Patienten, die an beiden Erkrankungen leiden [Cosgarea et al., 2019]. Umgekehrt beeinflusst eine Rheumatherapie die Parodontitis positiv [Kobayashi et al., 2014]. Doch warum ist das so? Eine mögliche Schnittstelle könnten genetische Variationen von Entzündungsmediatoren (Zytokine) sein, die in der Immunantwort auf Pathogene eine wichtige Rolle spielen [Kobayashi et al., 2018]. Häufig kommt es in den Genen, die diese Entzündungsmediatoren kodieren, nur zum Aus- tausch einzelner Nukleotide (Einzelnukleotidpolymorphis- men – SNPs). Der Gendefekt allein löst in der Regel keine Erkrankung aus, kann aber ihren Beginn, Verlauf oder das Ansprechen auf eine Therapie beeinflussen. Eine Forschergruppe der Universitätspoliklinik für Zahn- erhaltungskunde und Parodontologie in Halle hat nun in einer Studie bei Rheumatoidarthritis- und Parodontitis- Patienten nach Hinweisen auf ein gemeinsames genetisches Profil gesucht, das mit einer erhöhten Anfälligkeit für diese beiden Erkrankungen verbunden sein könnte. Dafür unter- suchten sie SNPs in Genen für eine Reihe pro- und antientzündlicher Zytokine (Interleukin[IL]1alpha, IL1beta, IL1R, IL2, IL4, IL1RA, IL-4Ralpha, IL6, IL10, IL12, Inter- feron[IFN]gamma, Transforming Growth factor [TGF] beta und Tumor Nekrosis Factor [TNF] alpha), die an der Entstehung beider Erkrankungen beteiligt sind. MATERIAL UND METHODE Insgesamt banden die Forscher 201 Personen in die Studie ein. 101 davon litten an Rheumatoidarthritis und bildeten eine Versuchsgruppe. Zusätzlich litten sie unter schwerer Parodontitis (approximaler Attachmentverlust von größer/ gleich 5 mm bei über 30 Prozent der Zähne; n = 25) oder unter leichter Parodontitis (approximaler Attachmentverlust von größer/gleich 3 mm an zwei oder mehr nicht benach- barten Zähnen; n=76). Weitere 100 Probanden bildeten die Kontrollgruppe. Sie hatten keine rheumatoide Arthritis und auch keine oder eine nur milde Parodontitis. Für die genetische Untersuchung nahmen die Wissenschaftler den Probanden Blut ab. Daraus extrahierten sie chromosomale DNA, um SNPs auf den Zytokin-Genen zu untersuchen. Foto: AdobeStock_hriana Gibt es einen gemeinsamen genetischen Risikofaktor für Parodontitis und Rheuma? 74 | ZAHNMEDIZIN

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