Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10
zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (1040) Obwohl wir gut ausgestattet sind und der Behandlungsablauf ähnlich wie in Deutschland ist, tauchen immer wie- der ungeahnte Überraschungen auf. Für mich ist die größte Umstellung nicht nur das krumme Sitzen an der starren Behandlungsliege oder die Kommunikation auf Englisch, sondern die manuelle Bedienung der Einheit. Anstatt Steuerung mit Fußanlasser muss per Schalter auf Winkelstück und Turbine umgestellt werden. Das nicht vorhandene Schwebe-Tray zum Ab- legen der Instrumente wird durch die neugierigen Kinder um uns herum ersetzt, in deren Händen wir Spiegel und Sonde ablegen. BEHANDELN BEI TÄGLICHEN STROMAUSFÄLLEN Erschwerend kommt hinzu, dass uns in diesem Jahr ein sogenanntes „load shedding“ auferlegt ist – ein streng ge- regeltes Stromsparprogramm, das uns zweimal täglich für mehrere Stunden den Strom abschaltet. Ohne Strom dreht sich kein Bohrer und somit ist auch keine Behandlung möglich. Diese Zeiträume nutzen wir, um den Kindergarten im Ort zu besuchen. Wir bringen Zahnbürsten mit und putzen gemeinsam Zähne. Die Erzie- herinnen sind gewillt, von nun an auch weiterhin täglich mit den Kin- dern Zähne zu reinigen. Wir hoffen es sehr, denn bis auf ein Brett, das als Zahnbürstenhalter fungiert, haben die Bürsten aus dem vergangenen Jahr leider keine weitere Verwendung ge- funden. DIE KINDER IM ORT GENIEßEN UNSERE ANWESENHEIT Erstmals ist auch der Berliner Künstler Ali Görmez unter den Ehrenamtlichen. Für ihn bedeutet das künstlerische Gestalten von Dingen zusammen mit Kindern nicht nur Spaß, sondern auch Therapie. Durch seine fachkundige Be- gleitung möchte er die kreativen Fähig- keiten und sinnliche Wahrnehmung bei Kindern fördern. Zusammen mit den Schulkindern bemalt er ein ver- altetes Fischerboot auf dem Kirchen- hof, während wir drinnen die kaputten Zähne reparieren. Die Kinder im Ort genießen unsere Anwesenheit. An den Nachmittagen schauen sie oft in unseren Unterkünf- ten vorbei. Sie singen und tanzen mit uns und überreden auch so manchen, in den frischen Atlantik zu springen. Ohne Fernseher oder Spielzeug streifen sie lachend und unbeschwert durch die Nachmittagssonne Paternosters. Viel Karies im Mund, viel Lebensfreude im Herzen – mit Tränen in den Augen verabschieden uns die Westcoast-Kids nach dem Hilfseinsatz. Sie hoffen sehr, dass wir sie auch im kommenden Jahr besuchen und unsere Zahnarztstation aufleben lassen. \ Kiloweise Verbrauchsmaterialien für den zahnmedizinischen Einsatz vor Ort wurden aus Deutschland mitgebracht. Fotos: Dr. Alexandra Wolf & Robert Kujas Retten, was zu retten ist: Viele der Kinder haben starken Kariesbefall, nicht zuletzt wegen der süßen Snacks in der Schule. Die Prophylaxe muss das Zähneputzen hier erst erklären. DR. ALEXANDRA WOLF Zahnärztin für Kinderzahnheilkunde in Berlin Foto: privat Der Kirchenraum in Paternoster verwandelt als Zahnstation: Hinter dem Sichtschutz auf der Empore stehen die Behandlungsstühle. Ganz vorn der Holz- tisch ist die Rezeption. Dahinter der Wartetisch mit Bastelsachen.
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