Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 110, Nr. 11, 1.6.2020, (1086) Wie haben Sie in den ersten Wochen auf die Folgen der Corona-Pandemie reagiert? Lea Wüsthoff: Uns war schnell klar, dass wir Entscheidungen für die Praxis erst einmal nur von Tag zu Tag treffen können. Das haben wir dann auch ganz bewusst gemacht und uns da- durch nicht so als Getriebene gefühlt. Für unsere Mitarbeiterinnen waren diese superkurzen Entscheidungs- zyklen schwer auszuhalten. Sie hatten Sorge um ihre Jobs, vor allem, als wir im April zwei Wochen in Notbetrieb gegangen sind und dann auch Kurz- arbeit angemeldet haben. Dem Team gegenüber waren wir besonders trans- parent und haben jede Entscheidung erklärt. Wir haben auch mit jeder Mitarbeiterin ausgerechnet, wieviel sie bei Kurzarbeit netto verdient. Wie waren diese Wochen für Sie als Inhaberinnen? Sarah Kühn: Die Ungewissheit, wie es weitergeht, war auch für uns be- ängstigend. Wir haben die Praxis erst 2019 übernommen und haben dem- entsprechend keinen finanziellen Puffer. Klare Aussagen darüber, welche Be- handlungen erlaubt sind und welche nicht, hätten uns geholfen. Aber für Kammer und KZV war Corona natür- lich auch eine ganz neue Situation. Wie geht es Ihnen jetzt? Lea Wüsthoff: Als klar war, dass es keine verbindliche Unterstützung für Zahnärzte geben wird, haben wir uns gesagt: Wir sind Selbstständige. Dann handeln wir jetzt auch voll und ganz eigenverantwortlich und nehmen unser Schicksal selbst in die Hand. Seit die Lockerungen in Kraft sind, befinden wir uns wieder im Normalbetrieb und machen alle Behandlungen, auch Professionelle Zahnreinigungen, ästhetische Behandlungen oder Zahn- ersatz. Wir lassen unseren Kredit wie geplant laufen und sind auch sonst zuversichtlich. In der Praxis herrscht also gute Stimmung? Sarah Kühn: Auf jeden Fall. Nach an- fänglicher Unsicherheit und Panik, kehrt nun wieder Normalität ein: Die Patienten kommen zurück und dem Team geht es besser als zuvor. Corona hat uns zusammengeschweißt. Ich würde fast sagen, wir gehen gestärkt aus der Krise hervor. Wie haben Sie die Zwangspause für die Praxis genutzt? Lea Wüsthoff: Zum einen, um sie vom Dachboden bis zum Keller zu ent- rümpeln und aufzuräumen. Außerdem haben wir Fortbildungen und Team- building gemacht. Uns war zum Bei- spiel wichtig, dass in Sachen Corona alle im Team auf dem gleichen fach- lichen Stand sind. Es gab daher regel- mäßig E-Mails und Webinare zur Pan- demie, die Pflicht waren. Anfangs hatten nämlich auch unsere Mitarbei- terinnen Angst davor, sich anzu- stecken. Dem konnten wir erfolgreich mit Fakten entgegenwirken. Außerdem haben wir Fortbildungen zu neuen Behandlungen, Praxisprozessen oder Qualitätsmanagement gemacht. Wir haben viele Abläufe optimiert. Das Team hat sich beispielsweise mit unserem In- traoral-Scanner vertraut gemacht. Den können jetzt alle bedienen. Wie haben Sie den Kontakt zu Ihren Patienten gehalten? Sarah Kühn: Wir waren noch stärker in den sozialen Medien aktiv. Vor allem auf Facebook und Instagram. Dafür haben wir von Patienten auch schon vor der Krise tolles Feedback be- kommen. Zusätzlich haben wir jeden Patienten, dessen Termin bevorstand, persönlich angerufen und über die aktuelle Lage informiert. Sie haben auch Videosprechstunden angeboten. Was wurde gefragt? Lea Wüsthoff: Kann ich mit einem abgebrochenen Zahn in die Praxis kommen? Wie kann ich mit einer rausgefallenen Krone die Zeit bis zum Regelbetrieb überbrücken, solange ich keine Schmerzen habe? Das sind Bei- spiele für Fragen, die uns die Patienten gestellt haben. Wie hat die Beratung funktioniert? Sarah Kühn: Gut – sofern die Beschwerden nicht mit Schmerzen verbunden und bis zu einem Termin Am ersten Jahres- tag der Gründung befand sich die Praxis der Zahn- ärztinnen Sarah Kühn (l.) und Lea Florentine Wüsthoff im Lockdown. In die Zukunft blicken sie dennoch mit Zuversicht. INTERVIEW MIT DEN PRAXISINHABERINNEN LEA FLORENTINE WÜSTHOFF UND SARAH KÜHN „Corona hat uns zusammengeschweißt“ Viele niedergelassene Zahnärzte und Zahnärztinnen stecken zurzeit in einem Wechselbad der Gefühle, das von Existenzangst bis Zuversicht reicht. Die beiden Zahnärztin Lea Florentine Wüsthoff und Sarah Kühn, die zusammen seit 2019 eine Gemeinschaftspraxis in Ludwigshafen betreiben, erzählen, wie es ihnen ergangen ist. Ein volles Wartezimmer wird es in der Gemeinschaftspraxis Kühn/Wüsthoff bis zum Ende der Corona-Pandemie nicht mehr geben. Maximal zwei Personen dürfen hier Platz nehmen. Auch in der restlichen Praxis wurden die Abläufe verändert, um Patienten und Mitarbeiterinnen vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen. Fotos: Sarina Kullmann 28 | PRAXIS

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