Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 110, Nr. 11, 1.6.2020, (1088) F orscher der San Francisco Fed haben in ihrer Studie „Longer-run economic consequences of pan- demics?“ Pandemien untersucht, die sich in den vergangenen 600 Jahren in Europa ereignet haben. Sie verglichen die wirtschaftliche Entwicklung nach diesen für die Menschen einschneiden- den Ereignissen, bei denen mindestens 100.000 Tote zu verzeichnen waren. DIE LÖHNE STEIGEN UM ETWA FÜNF PROZENT Die größte untersuchte Seuche ist die Spanische Grippe, die in den Jahren 1918 bis 1920 rund 100 Millionen Menschen das Leben kostete. Auf Platz zwei folgt die Pest, der „Schwarze Tod“, der in den Jahren 1347 bis 1352 in Europa wütete und 75 Millionen Menschen tötete. Platz drei belegen die „Great Plague of Sevilla“, die Pestwelle, der 1647 bis 1652 rund zwei Millionen Menschen zum Opfer fielen, und die Asiatische Grippe, die in den Jahren 1957 bis 1958 ebenfalls zwei Millionen Menschen tötete. Die drei an der Studie beteiligten Wissenschaftler Òscar Jordà, Sanjay R. Singh und Alan M. Taylor von der University of California sagen: „Pandemien – wie viele andere Natur- katastrophen – bieten eine einmalige Gelegenheit zu studieren, wie Wirt- schaft funktioniert. Pandemien haben Effekte, die über Jahrzehnte an- dauern.“ Ein Blick auf die Löhne sei deshalb ein „Spiegel, der rund drei Jahrzehnte wirkt“. Im mittleren Wert aller verglichenen europäischen Län- der steigen die Löhne dabei um fünf Prozent in den folgenden 30 Jahren nach einer Pandemie. Die Forscher haben auch Seuchen unter die Lupe genommen, die fast aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden sind, so zum Beispiel die „Sixth Cholera Pandemic“ aus den Jahren 1899 bis 1923 mit weltweit rund 800.000 Toten oder die „Hongkong Flu“ (1968 bis 1969) mit einer Million Todesopfern. Untersucht wurde jeweils der Zeitraum von fast 40 Jahren, der auf das Ende der Seuche folgte. Das Fazit der Forscher: Eine Pandemie führte in Europa fast immer zu höhe- ren Löhnen. Der Grund: Nach einer Pandemie fehlten aufgrund der vielen Toten Menschen, die arbeiten konnten. Heute würde man es als Fachkräfte- mangel bezeichnen. Angebot und Nachfrage: Werden die Arbeitskräfte knapp, können diese ihre Forderung nach mehr Geld einfacher durchsetzen. Nach Pandemien gibt es normalerweise keine Zerstörungen, die jenen eines Krieges vergleichbar wären. WAS DIE PANDEMIE VOM KRIEG UNTERSCHEIDET Was hingegen wirtschaftlich nach einer Pandemie passiert, ist den Forschern zufolge das Gegenteil dessen, was Volkswirtschaften nach dem Ende eines Krieges erleben. In einem Krieg nämlich würden Werte und Kapital massiv zerstört, so dass es danach zu einer Phase des regen wirtschaftlichen Aufbaus kommt. „Vernichtung von Kapital passiert in Kriegen, aber nicht in Pandemien“, schreiben die Forscher. Foto: Adobe Stock_Matrioshka Auch nach der Pest, die 75 Millionen Menschen tötete, stiegen die Löhne, unter anderem, weil es wenig Arbeitskräfte gab. STUDIE UNTERSUCHT SEUCHEN DER LETZTEN 600 JAHRE Von der Pest zur Schweinegrippe: Nach einer Pandemie steigen die Löhne Die Federal Reserve Bank of San Francisco hat in einer Studie 15 große Seuchen, die die Menschheit seit dem 14. Jahrhundert heimgesucht hatten, verglichen. Ein Ergebnis: Nach einer Pandemie steigen die Löhne.

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