Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 110, Nr. 11, 1.6.2020, (1096) und Risiken, die sich in der Produkt- information widerspiegeln. Im Rah- men der medikamentösen Begleitthe- rapie odontogener Infektionen sollten die aktuellen Empfehlungen der Leit- linie „Odontogene Infektionen“ der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie beachtet werden [DGZMK, 2017]. Bei Abszessen sind in erster Linie Amoxicillin und Penicillin G/V (mit Clavulansäure) in- diziert und nur für Patienten mit einer Penicillinallergie sollte Clindamycin als Ausweichpräparat genutzt werden. Wegen der Aerosolbildung sollte eine Trepanation von Milchzähnen mit ir- reversibler Pulpitis oder mit Abszessen eher vermieden werden. Stattdessen kann eine pharmakologische Therapie zur Anwendung gelangen und der betroffene Zahn wird dann im Rahmen eines weiteren Termins extrahiert. Extraktion Bei irreversibler Pulpitis, Pulpanekrose, Fisteln und Abszessen stellt die Extraktion eines Milchzahns eine wichtige Option dar. Bei tiefen Kariesläsionen mit dem Risiko pulpaler Komplikationen sind zwar auch alternative Therapieformen wie endodontische Maßnahmen denk- bar, doch insbesondere während der COVID-19-Pandemie kann die Extrak- tion eines Milchzahns die bessere Alternative sein. Jedoch ist bei einer frühzeitigen Milchmolarenentfernung das Lückenmanagement zu berück- sichtigen [Ahmad et al., 2018]. ALTERNATIVE KARIESTHERAPIEN Das moderne therapeutische Spektrum für kariöse Läsionen bietet vielfältige minimal-invasive, biologisch basierte Therapieoptionen zur Behandlung kariöser (Milch-)Zähne [Schwendicke et al., 2016; Banerjee et al., 2017]. Ins- besondere während der COVID-19- Pandemie oder bei nur mäßig koopera- tiven Kindern kann die Behandlung kariöser Läsionen durch minimal-inva- sive Konzepte ohne Bohrer hilfreich sein, um das Risiko einer Virusübertra- gung durch die Vermeidung von Aerosol- bildung zu minimieren. Ein aktuelles, biologisch basiertes Kariesmanage- mentkonzept umfasst zum Beispiel die Kariesinaktivierung mittels Silber- diamin-Fluorid (SDF) oder für Milch- zähne spezifische „Versiegelungs- techniken“ wie die Hall-Technik (HT) und die atraumatisch-restaurative Therapie („atraumatic restorative treat- ment“/ ART). Kariesinaktivierung mit Silberfluoridprodukten Bei dieser Technik wird die Fähigkeit von Silberfluoridprodukten, die Karies- progression zu inhibieren und gleich- zeitig die Bildung neuer Karies zu verhindern, genutzt. Das am häufigs- ten verwendete Produkt ist Silber- diaminfluorid (SDF). Die SDF-Lösung besteht aus Diamin-Silber-Ionen und Fluorid-Ionen, welche den Deminerali- sierungsprozess und den Abbau von Dentinkollagen verhindern und zusätzlich die Remineralisierung von kariösem, demineralisiertem Schmelz und Dentin fördern [Rosenblatt et al., 2009; Mei et al., 2013]. Wissenschaft- lich wurde bereits eindeutig belegt, dass kavitierte, koronale kariöse Läsio- nen durch die halbjährliche Applikati- on von SDF-Lösung im Vergleich zur Anwendung von NaF-Lack besser inaktiviert werden können [Seifo et al., 2019]. ZA ROGER BASNER Universitätsmedizin Greifswald, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für Präventive Zahnmedizin & Kinderzahnheilkunde Fleischmannstr. 42, 17475 Greifswald Foto: privat Abb. 2a bis 2c: a: Klinischer Befund Zahn 54 distal: kavitierte, aktive kariöse Läsion mit Verlust der Rand- leiste ohne Anhalt auf eine Pulpa- beteiligung. b: Zahnseparation mittels orthodontischer Separiergummis. c: Die Stahlkrone wurde in der Hall- Technik mit dünnfließendem Glasio- nomerzement ohne Präparation oder Kariesentfernung zementiert. ZA MOHAMED BAIDER, B.D.S., MSC Universitätsmedizin Greifswald, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für Präventive Zahnmedizin & Kinderzahnheilkunde Fleischmannstr. 42, 17475 Greifswald Foto: privat ZA ALI AL-ANI, MSC Universitätsmedizin Greifswald, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für Präventive Zahnmedizin & Kinderzahnheilkunde Fleischmannstr. 42, 17475 Greifswald Foto: Mourad Fotos: Santamaría 2a 2b 2c 38 | ZAHNMEDIZIN

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