Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11
zm 110, Nr. 11, 1.6.2020, (1105) dem Genmaterial ließ sich auch schließen, dass die Frau wahrschein- lich laktoseintolerant war. Das war bei Menschen der Steinzeit häufig der Fall, denn die Toleranz für Milchzucker entwickelte sich erst mit der Viehhaltung. Die archäologischen Funde in Syltholm deuten darauf hin, dass hier Menschen noch lange in die Jungsteinzeit (Neolithikum) hinein als Jäger und Sammler lebten, während anderswo in Europa schon Ackerbau und Viehzucht betrieben wurden. Die DNA der oralen Mikroben, die die Wissenschaftler aus dem Birken- pech extrahierten, zeigen, dass es sich größtenteils um kommensale Bakterien und opportunistische Krank- heitserreger handelt. „Die Konservierung ist unglaublich gut und wir haben es geschafft, viele verschiedene Bakterien- arten zu extrahieren, die für ein orales Mikrobiom charakteristisch sind. Un- sere Vorfahren lebten in einer anderen Umgebung, hatten einen anderen Lebensstil und eine andere Ernährung. Daher ist es interessant herauszufinden, wie sich ihr Mikrobiom von unserem heutzutage unterscheidet“, sagt Hannes Schroeder, Professor am Globe Institut der Fakultät für Gesundheit und medi- zinische Wissenschaften der Universi- tät Kopenhagen und Seniorautor der zum Fund in Syltholm durchgeführten Studie. Die Forscher fanden Neisseria-subflava- Arten, die auch heute noch häufig den oberen Respirationstrakt besiedeln, sowie Rothia-mucilaginosa-Bakterien, ein Bestandteil des normalen Mund- höhlen-Mikrobioms. IM KAUGUMMI WAREN AUCH KEIME DES ROTEN KOMPLEXES Doch sie fanden auch Bakterien des roten Komplexes wie Porphyromonas gingivalis, Tannerella forsythia und Treponema denticola. Veillonella- Spezies, die im Zusammenspiel mit anderen Bakterien bei vielen oralen Infektionen eine Rolle spielen und Foto: Museum Lolland-Falster Abb. 3: Schlamm bedeckt die prähistorischen Fundstücke der Ausgrabungsstätte in Syltholm. Organische Überreste sind dadurch außergewöhnlich gut konserviert. Quelle: Tom Björklund Abb. 2: So könnte die Frau, die die dänischen Archäologen „Lola“ nannten, aufgrund der im Birken- pech gefundenen menschlichen DNA ausgesehen haben. | 47
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