Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 110, Nr. 11, 1.6.2020, (1110) meter wie zum Beispiel Sondierungstiefe, Blutung auf Son- dierung (BOP), Beweglichkeit, Furkationsbeteiligung und gingivale Rezessionen. WERKZEUG ZUR SAMMLUNG UND ANALYSE VON BEHANDLUNGSDATEN In Deutschland gibt es bislang jedoch kaum Studien, die die Daten von Patienten im Rahmen einer parodontalen Behandlung aus verschiedenen niedergelassenen Zahnarzt- praxen digital erheben und zentral auswerten. Aus diesem Grund war es Ziel unserer durchgeführten Querschnittsstu- die, ein solches digitales Verfahren zur Analyse parodontaler Patientendaten aus niedergelassenen Praxen zu entwickeln und die gesammelten Daten zu den Behandlungsergebnis- sen zu analysieren beziehungsweise mit den Ergebnissen der aktuellen Literatur zu vergleichen. Es sollte zudem ein Werk- zeug geschaffen werden, mit dem längerfristig Untersu- chungen in der niedergelassenen zahnärztlichen Praxis durchgeführt werden können. Durch die Einfachheit der Datenkollektion können verschiedene wissenschaftliche Fragen über einen langen Zeitraum hinweg nachuntersucht werden. So sollte im Rahmen dieser Studie beispielsweise geklärt werden, wie gut der Zahnerhalt in der spezialisierten parodontalen Praxis funktioniert und welchen Effekt ein regelmäßiges Recall darauf hat. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Universität Freiburg hinsichtlich ethischer und datenschutzrechtlicher Belange geprüft und genehmigt (EK Nr. 493/16). Für die Un- tersuchung wurden aktive und ehemalige Teilnehmer des Masterstudiengangs Parodontologie und Implantattherapie der Universität Freiburg, die das parodontale Befundungs- programm ParoStatus® routinemäßig in ihrer Praxis nutzen, rekrutiert . Eingeschlossen wurden Patienten, die nach Erst- installation des Programms eine parodontale Behandlung erhielten und im Nachsorgeprogramm der Praxis eingebun- den waren. Zusätzlich war eine Mindestbehandlungszeit von einem Jahr notwendig, um längerfristige Behandlungs- ergebnisse in die Beurteilung mit einzubeziehen. Durch Installation einer Programmerweiterung wurden alle verfüg- baren gespeicherten parodontalen Befunde aus den Praxen gesammelt und anonymisiert an das Studienzentrum zur weiteren statistischen Analyse gesendet (Abbildung 1). DATEN VON ÜBER 150.000 ZÄHNEN ERFASST In unserer retrospektiven Querschnittsstudie konnten mit- hilfe des Programms ParoStatus® aus neun teilnehmenden Praxen Daten von insgesamt 6.401 Patienten mit einer Gesamtzahl von 153.163 Zähnen inklusive Sondierungstie- fe, Blutung auf Sondieren, Zahnbeweglichkeit, Furkation und Gingivaverlauf erfolgreich an das Studienzentrum über- tragen werden. Der Untersuchungszeitraum der Praxen erstreckte sich ab- hängig von dem Datum der Erstinstallation zwischen 2,08 bis maximal 18,35 Jahren. Das Durchschnittsalter eines parodontal behandlungsbedürftigen Patienten lag bei 57 Jahren. ERGEBNIS: UNTERSTÜTZENDE PARODONTALTHERAPIE IST ERFOLGREICH Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass durch das vorgestell- te Verfahren grundlegende parodontale Informationen ei- nes großen Patientenkollektivs analysiert werden können und dies über einen längeren Zeitraum hinweg. So geht bei- spielsweise aus den Daten hervor, dass mit höherer Compli- ance der Patienten ein niedrigerer BOP einhergeht (r=-0,29, p<0,0001). Dies macht die positive Auswirkung eines regel- mäßigen Recalls auf den parodontalen Zustand der Patien- ten deutlich, was bereits in der Literatur beschrieben wurde und somit auch auf Praxisebene bestätigt werden kann [Eickholz et al., 2008]. Darüber hinaus zeigte sich, dass mit höherer Anzahl von Stellen mit positivem BOP pro Zahn sich auch die Sondie- rungstiefen der Zähne erhöht zeigten. Das bedeutet, dass niedrigere Sondierungstiefen mit einer geringeren parodontalen Entzündung einhergehen, was sich ebenfalls mit den Ergebnissen universitärer Studien kongruent zeigt [Renvert et al., 2002]. Insgesamt reduzierten sich sowohl der BOP als auch die Sondierungstiefen der Patienten im Ver- gleich des ersten zum letzten Besuch. Dies bestätigt dement- sprechend den Erfolg einer systematischen und unterstüt- zenden Parodontaltherapie auf Praxisebene [Peikert et al., PD DR. JOHAN PETER WOELBER Universitätsklinikum Freiburg, Department für Zahn-, Mund- und Kiefer- heilkunde, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: privat PROF. DR. PETRA RATKA-KRÜGER Universitätsklinikum Freiburg, Department für Zahn-, Mund- und Kiefer- heilkunde, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 52 | ZAHNMEDIZIN

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