Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11
zm 110, Nr. 11, 1.6.2020, (1064) Die Zahnärzteschaft hat bislang die durch die Corona- Epidemie bedingten Herausforderungen hervorragend gemeistert, obwohl uns kaum Unterstützung zuteil- geworden ist. Unter Einhaltung höchster Hygiene- standards wurde die zahnärztliche Versorgung aufrecht- erhalten und es ist bis heute kein einziger Fall bekannt geworden, in dem es zu einer COVID-19-Infektion von Patienten im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung gekommen ist. Die Patientinnen und Patienten sind in unseren Praxen sicher. Quasi aus dem Nichts heraus haben wir ein Netz von flächendeckenden Schwerpunkt- praxen zur Behandlung von infizierten und unter Quarantäne gestellten Patientinnen und Patienten auf- gebaut, diese mit Schutzausrüstung versorgt und die Hilfesuchenden unaufgeregt und professionell behandelt. Für diese großartige Leistung gebührt Ihnen und allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Anerkennung, großes Lob und herzlicher Dank, den ich an dieser Stelle im Namen meiner Vorstandskollegen ganz ausdrücklich ausspreche. Mit einer gehörigen Portion Ernüchterung müssen wir aber auch feststellen, dass unser Berufsstand und unsere tapferen und pflichtbewussten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von keinem verantwortlichen Politiker an irgendeiner Stelle lobend hervorgehoben oder gar mit Dank bedacht worden wären. Vielmehr hat man uns in den vergangenen Wochen durch ein Wechselbad der Gefühle geschickt. Nachdem wir entgegen den nachdrücklich von der KZBV eingebrachten Forderungen im COVID-19-Krankenhaus- entlastungsgesetz nicht berücksichtigt worden waren, hatte uns die Politik zugesagt, in einem nachgelagerten Verordnungsverfahren einen Schutzschirm auch für die Zahnärzteschaft aufspannen zu wollen. Um die Notwendigkeit eines solchen Schirms zur Sicher- stellung der vertragszahnärztlichen Versorgung mit harten Fakten zu belegen, hatte die KZBV umfangreiches Zahlenmaterial, Berechnungen und schlüssige Argumente in die politische Debatte eingebracht. Nach unserem Vor- schlag sollten die Krankenkassen neben einer Liquiditäts- hilfe für das Jahr 2020 mit 50 Prozent der Corona- bedingten Ausfälle der Zahnarztpraxen an der Sicherung der zahnärztlichen Versorgungsstrukturen beteiligt werden. Bis Ende April gab es deutliche Signale aus dem BMG, dass man zumindest eine 30/70-prozentige Risikoteilung zum Gegenstand einer Verordnung machen würde. In enger Abstimmung mit den KZVen hatte die KZBV mit Nachdruck darauf gedrungen, dass wenigsten diese Lastenteilung beibehalten wird. Doch dann sollte etwas passieren, was ich trotz vieler negativer Erfahrungen in vielen Jahren politischer Arbeit nun doch nicht mehr für möglich gehalten hätte: Auf Druck und mit Veto des SPD-geführten Bundesfinanz- ministeriums wurde der Rettungsschirm plötzlich gekippt. Gegenstand der Verordnung war nunmehr nur noch eine Liquiditätshilfe mit einer 100-prozentigen Rückzahlungsverpflichtung seitens der Zahnärzteschaft in den Jahren 2021 und 2022. Lesen Sie mehr zu den Details auf S. XX. Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Die Enttäuschung über eine derartige, nicht nachvollziehbare Ungleich- behandlung im Vergleich zu den Ärzten sitzt in der Kollegenschaft äußerst tief. Bitterkeit hat sich breit ge- macht ob dieser Desavouierung gegenüber allen anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen. Als Fazit bleibt nur die ernüchternde Feststellung, dass die zahnmedizinische Versorgung als Teil der Daseinsvorsorge in unserem Land entgegen aller wohlfeilen Lippenbekenntnisse in bestimmten politischen Kreisen eben doch nicht den Stellenwert besitzt, den sie verdient. Offensichtlich reichen nach wie vor uralte Ressentiments, um funktio- nierende Versorgungsstrukturen zu gefährden und die Existenz gerade junger Zahnärztinnen und Zahnärzte in freiberuflicher Selbstständigkeit aufs Spiel zu setzen. Aber trotz alledem und gerade wegen dieser bitteren Medizin, die die Politik uns verabreicht hat und die unsere Einstellung ihr gegenüber nachhaltig verändern wird, blicken wir besonnen nach vorne und bemühen uns, Klarheit zu schaffen, wo immer dies möglich ist. So konnten wir zum einen mit tatkräftiger Unterstützung der KZVen und der BZÄK eine Klärung seitens des Bun- desarbeitsministeriums bewirken, nach der nunmehr zweifelsfrei klargestellt ist, dass Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte dem Grunde nach Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben, sofern die Voraussetzungen der §§ 95ff SGB III vorliegen. Den Blick nach vorne richten Foto: KZBV/baumannstephan.com 06 | LEITARTIKEL
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=