Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 110, Nr. 11, 1.6.2020, (1146) PRAXISÜBERNAHME UND PRAXISAUFLÖSUNG Fünf Tipps für den strukturierten Neuanfang Alexander Schmitt Ein strukturiertes Praxisübergabe- beziehungsweise -auflösungskonzept hilft bei etlichen rechtlichen, organisatorischen oder versicherungstechnischen Stolper- steinen. Mit den folgenden Tipps gibt ein Experte den Praxisabgebern und -übernehmern einen Leitfaden für die planvolle Abwicklung an die Hand. DIE PRAXISÜBERNAHME 1. Kaufpreisfindung und Praxis- wertermittlung Der Kaufpreis ist stets das Verhand- lungsergebnis von Praxisabgeber und Übernehmer und berechnet sich durch die Addition von materiellem Wert, ideellem Wert, Investitionen sowie durch Angebot und Nachfrage. Das durchschnittliche Finanzierungs- volumen einer Einzelpraxisübernahme belief sich laut des IDZ-InvestMonitor Zahnarztpraxis 2018 auf 394.000 Euro. Zum materiellen Wert, auch Substanz- wert genannt, gehören Wirtschaftsgüter wie Praxis- und Laboreinrichtungen, Einbauten und Installationen, zahn- medizinische Geräte und Material- vorräte gemäß Anlagenverzeichnis, be- wertet mit den aktuellen Marktwerten. Der ideelle Wert, auch Goodwill ge- nannt, bemisst sich anhand der Lage und dem Praxis-Image, der Mitbewer- bersituation am Standort, der Qualität von Patientenstamm (Anteil der Privat- patienten) und Team, der Standort- sicherung (hier unbedingt die Laufzeit des Mietvertrags beachten), der Fall- wert- und Fallzahlenentwicklung sowie der laufenden Praxiskosten. Hier sollte genau geschaut werden, wie sich die Erfolgsaussichten anhand des soge- nannten Ertragswerts, also des nach- haltig zu erzielenden Gewinns im Prognosezeitraum, bemessen. Um einen möglichst genauen Einblick in Ihre potenzielle Praxis zu erhalten, sollten Sie sich vom Verkäufer umfang- reiches Datenmaterial aushändigen las- sen. Dieses sollte unter anderem die letztjährigen Jahresabschlüsse sowie die letzten Quartalsabrechnungen um- fassen. Zur Einschätzung des künftigen Ertrags sind die wesentlichen Kenn- ziffern aus der Vergangenheit auf die Zukunft zu übertragen. Dabei gilt der durchschnittliche Jahresgewinn der vergangenen drei Jahre als Faustfor- mel. Grundsätzlich günstiger sind Praxen auf dem Land oder in strukturschwächeren Gebieten, teurer in der Stadt oder bei entsprechend guter Infrastruktur. Wichtig für die Entscheidung des Standorts ist zu wissen, welche Schwer- punkte man bedienen möchte. Denn während im ländlichen Bereich die Konkurrenz kleiner und das Patienten- und somit auch das Behandlungs- spektrum breiter ist, bedeutet ein innerstädtischer Standort auch mehr Konkurrenz. Grundsätzlich sollten Sie aber auch das soziale Umfeld nicht vernachlässigen, denn dieses ist gerade in der Stadt ebenfalls entscheidend für die Patientenklientel und den Schwer- punkt, den Sie in Ihrer Praxis anbieten möchten. Eine umfassende Standort- analyse verdeutlicht, ob Ihr gewünsch- tes Praxiskonzept am angebotenen Standort aufgeht. Auch wenn die Pra- xisübernahme grundsätzlich günstiger ist als die Gründung einer Praxis, kom- men bei einer Übernahme zusätzliche Renovierungs- oder Modernisierungs- kosten auf Sie zu. Schauen Sie hier genau hin, um die Höhe zusätzlicher Investitionskosten realistisch abzu- schätzen. Und wie schaut es mit Prophylaxe, Re- call und Qualitätsmanagement aus? Laut InvestMonitor Zahnarztpraxis 2018 wurden im Schnitt 25.000 Euro für Modernisierung und Umbau bei einer Einzelpraxisübernahme ver- anschlagt. Die Höhe dieser Kosten wird unter anderem durch die Praxis- lage mitbestimmt. Etwa 91.000 Euro beträgt zudem die Investition in medi- zinisch-technische Geräte, Einrichtung und EDV. Zur Praxisbewertung kur- sieren zahlreiche Methoden wie die Bundesärztekammermethode, die Steuermethode oder das Ertragswert- verfahren. Doch laut des Urteils vom Bundesgerichtshofs 2001 gibt es keine einhellige, gebilligte Bewertungs- methode. Deshalb sollten Sie zur Praxiswertermittlung Experten wie betriebswirtschaftliche Berater Ihrer Kassenzahnärztlichen Vereinigung, Sachverständige oder Steuerberater zu- rate ziehen. 2. Verträge und Versicherungen Gegenstand des Praxiskaufvertrags ist der Vertragszahnarztsitz. Dieser sollte im Vertrag genau beschrieben werden. Er umfasst alle materiellen und imma- teriellen Praxiswerte, die für den Kauf- preis entscheidend sind, sowie alle Bestandteile und jegliches Zubehör der Praxis. Aber Achtung: Nicht Gegen- stand des Kaufvertrags ist die vertrags- zahnärztliche Zulassung! Deshalb sollte sich der Praxiskäufer frühzeitig um die KV-Zulassung bemühen. Zum Praxis- inventar gehört auch die Patienten- kartei. Deshalb muss der Kaufvertrag eine Klausel über die Wahrung der 88 | ZM-STARTER

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