Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 110, Nr. 12, 16.6.2020, (1222) [Rashrash, 2017]. Allerdings blieben diese Mittel in mehr als 70 Prozent der Fälle bei der Erhebung der Anamnese zunächst unentdeckt [Kaye, 2000]. So wissen mehr als 70 Prozent der Patienten, die pflanzliche Nahrungs- ergänzungsmittel einnehmen, nichts über mögliche Nebenwirkungen und informieren die Behandler nicht über die Einnahme [Kaye, 2000]. In einem aktuellen Review zur Bedeu- tung der pflanzlichen Arzneien für die Zahnmedizin wurden die Phyto- therapeutika entsprechend ihrer Hauptwirkung auf die Blutgerinnung in vier Gruppen eingeteilt [Abebe, 2019] (Tabelle 3): 1. Hemmung der Thrombozyten- aggregation 2. Antikoagulation 3. Hemmung der Thrombozyten- aggregation und Antikoagulation 4. komplexe Wirkung Generell ist die Datenlage wissenschaft- licher Untersuchungen bei pflanz- lichen Arzneien (Phytotherapeutika) im Vergleich zu chemischen rezept- pflichtigen Präparaten unzureichend [Behr, 2011]. Die Literatur zeigt, dass die meisten Daten zu blutverdünnen- den Phytotherapeutika auf In-vitro- Experimenten, Tierstudien und individuellen Fallberichten basieren [Abebe, 2019]. Jedoch können viele dieser Präparate in Kombination mit „schulmedizinischen“ Medikamenten zu gravierenden Nebenwirkungen führen [Abebe, 2019; Behr 2011; Ernst, 1999; Kaye, 2000]. So verstärken bei- spielsweise Goji-Beeren vermutlich die gerinnungshemmende Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten. In ver- schiedenen Fallberichten wird in die- sem Zusammenhang von gefährlichen Blutungskomplikationen berichtet [Smollich und Podlogar, 2016]. Ärzte und Zahnärzte sind in der Pflicht, gerade vor chirurgischen Eingriffen nach diesen Präparaten zu fragen. Wird ein Präparat aus Tabelle 3 ein- genommen, sollte es präoperativ abge- setzt werden. Das potenzielle Risiko von Phyto- therapeutika in der Zahnmedizin darf aufgrund der zunehmenden Beliebt- heit dieser Mittel nicht unterschätzt werden. Dies muss mit dem Patienten in sachlicher Form besprochen wer- den. Letztlich geht es in diesem Zu- sammenhang nicht um emotionale Befürwortung oder Gegnerschaft, son- dern um das Wohl unserer Patienten [Ernst, 1999]. \ HÄUFIG EINGENOMMENE PHYTOTHERAPEUTIKA UND NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL MIT GERINNUNGSHEMMENDER WIRKUNG Präparat Aloe vera Angelikawurzel Chiasamen Cranberry Ginseng Ginkgo biloba Ingwer Kamille Knoblauch Kurkuma Mutterkraut Sägepalme (Früchte) Tab. 3, Quelle: Frank Halling Gerinnungshemmender Effekt Hemmung der Thrombozytenaggreagation Antikogulation komplexe Wirkung Hemmung der Thrombozytenaggregation Hemmung der Thrombozytenaggregation und Antikoagulation Hemmung der Thrombozytenaggregation Hemmung der Thrombozytenaggregation Antikogulation Hemmung der Thrombozytenaggregation Hemmung der Thrombozytenaggregation Hemmung der Thrombozytenaggregation komplexe Wirkung Quelle(n) Abebe, 2019 Behr et al., 2011; Ernst, 1999 Ulbricht et al., 2009 Abebe, 2019 Abebe, 2019; Behr et al., 2011; Kaya et al., 2000 Abebe, 2019; Behr et al., 2011; Ernst, 1999; Kaye et al., 2000 Abebe, 2019; Kaye et al., 2000 Abebe, 2019; Ernst, 1999 Abebe, 2019; Behr et al., 2011; Ernst, 1999; Kaye et al., 2000; Smollich u. Podlogar, 2016 Abebe, 2019 Abebe, 2019; Ernst, 1999 Abebe, 2019; Behr et al., 2011 ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 52 | ZAHNMEDIZIN

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