Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 110, Nr. 13, 1.7.2020, (1295) Aktuell liegen keine wissenschaftlichen Studien zu dieser speziellen Art der Zahnavulsion vor und es bleibt ab- zuwarten, ob die Zähne langfristig er- halten werden können. Wobei bereits ein temporärer Erhalt einen Gewinn für die Patientin darstellen würde, da sie zum Unfallzeitpunkt gerade 18 Jah- re alt war und damit auch der psycho- logische Effekt des Rettungsversuchs der eigenen Zähne eine wichtige Rolle spielte. Patienten sind im Allgemeinen bereit, die möglichen Komplikationen einer Zahnreplantation in Kauf zu nehmen. Mögliche Spätkomplikationen sind insbesondere Pulpanekrosen und Wur- zelresorptionen mit folgenden lokalen Infektionen. Wobei eine Ankylose bei Patienten nach Wachstumsabschluss auch als akzeptables Ergebnis angesehen werden kann [S2k-Leitlinie, 2015]. Die 5-Jahres-Überlebensrate für replan- tierte Zähne mit initial ungünstiger Prognose für die Zellen des desmo- dontalen Ligaments liegt bei circa 50 Prozent [Andreasen, 1985; Pohl, 2005]. Da Wurzelresorptionen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgen werden, sollte die endodontische Behandlung mit bioresorbierbaren Materialien erfolgen. Grundsätzlich ist nach dentalen Trau- mata eine regelmäßige zahnärztliche Kontrolle (1 Monat, 3, 6 und 12 Mo- nate nach dem Unfall) zu empfehlen, damit auf die Entwicklung des Befunds zeitnah reagiert werden kann [Andersson, 2012]. Im vorliegenden Fall hat sich die Patientin entschieden, dafür ihren Hauszahnarzt aufzusuchen. Ihre letzte Vorstellung in unserem Haus erfolgte drei Monate nach dem Unfall, zu die- sem Zeitpunkt war sie beschwerdefrei, die replantierten Zähne befanden sich weiterhin in situ. \ PROF. DR. MED. DR. MED. DENT. MAX HEILAND Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts- chirurgie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin and Berlin Institute of Health, Campus Virchow-Klinikum Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin Foto: Franz Hafner FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Avulsionen von bleibenden Zähnen bedürfen einer sorgfältigen Anamnese hinsichtlich des Verbleibs der verlorenen Zähne. \ Die Möglichkeit des Verschluckens muss bedacht werden und kann durch Röntgen- untersuchungen bestätigt werden. \ Bei entsprechender Ausstattung kann eine endoskopische Bergung per ÖGD mit Ziel der Replantation erwogen werden. \ Die Leitlinie zur Therapie des dentalen Traumas bleibender Zähne bietet Hand- lungsempfehlungen für die Versorgung von üblichen dentalen Verletzungen: Grundsätzlich muss die Austrocknung der Zahnwurzeloberfläche unbedingt ver- mieden werden. Eine Zahnreplantation soll möglichst zeitnah erfolgen, anschließend ist eine temporäre, flexible Schienung erforderlich. \ Es existieren keine wissenschaftlichen Studien über den langfristigen Verbleib von replantierten Zähnen, die aus dem Magen geborgen wurden. Im vorliegenden Fall gestaltete sich der mittelfristige Verlauf vorerst vielversprechend. Fotos: Franz Hafner Abb. 7: Klinische Situation zehn Wochen nach Replantation der Zähne 12, 11 und 21 ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. a b | 29

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