Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13
zm 110, Nr. 13, 1.7.2020, (1308) Uratkristalle ausgelösten Gichtarthro- pathie unterschieden [Koitschev et al., 2003; Abdelsayed et al., 2014]. Auf- grund der klinisch-radiologischen Nähe zur Gichtarthropathie wird die Kalziumpyrophosphat-Arthropathie (im englischen Sprachraum: Calcium Pyrophosphate Dihydrate Crystal Deposition Disease, CPDD) auch als „Pseudogicht“ bezeichnet. Vorwiegend durch den Befall von Hand- und Knie- gelenk charakterisiert wurde die CPDD erstmals im Jahr 1962 durch Kohn et al. beschrieben [Kohn et al., 1962; Appel et al., 2001; Vates et al., 2012]. Der isolierte Befall des Kiefergelenks stellt dabei eine Rarität dar, sollte je- doch bei Kiefergelenksbeschwerden differenzialdiagnostisch in Betracht ge- zogen werden [Reynolds et al., 2008; Abdelsayed et al., 2014]. Die Kalziumpyrophosphat-Arthro- pathie zeigt unterschiedliche klinische Verlaufsformen. Es ist sowohl ein akut- intermittierender als auch ein chro- nischer Krankheitsverlauf bekannt, wobei besonders ersterer dem eines „Gichtanfalls“ gleicht und vorwiegend das Kniegelenk betrifft [Marsot- Dupuch et al., 2004]. Sollte eine Kiefer- gelenksbeteiligung vorliegen, klagen die Patienten über Schmerzen mit be- gleitender präaurikulärer Schwellung. Weitere Symptome können funktio- nelle Einschränkungen der Gelenk- bewegung, Gelenkgeräusche oder eine Hörminderung sein [Appel et al., 2001; Laviv et al., 2015]. Die Kalziumpyro- phosphat-Arthropathie des Kiefer- gelenks tritt fast immer unilateral auf, nur vereinzelte Fallberichte über ein bilaterales Vorkommen liegen vor. CPDD betrifft vorwiegend Frauen (2:1) und das Erkrankungsrisiko steigt mit zunehmendem Alter [Reynolds et al., 2008; Vates et al., 2012]. Die Patho- genese ist bis heute noch nicht voll- ständig geklärt, eine Störung des Phos- phatstoffwechsels wird als Ursache diskutiert [Canhao et al, 2001; Meng et al., 2011; Kwon et al., 2018]. Infolge der vermehrten Ablagerung von Kalzium- pyrophosphat-Kristallen kommt es zur Ausbildung einer Synovialitis und – bei längerem Fortbestehen – einer beglei- tenden Knorpeldegeneration, was wie- derum die Entstehung einer Arthritis begünstigt. Obgleich eine Häufung radiologischer Besonderheiten wie das Vorhandensein einer periartikulär kalzifizierten Masse – ähnlich wie im vorliegenden Fall – mit Ausdehnung bis hin zur Schädelbasis beschrieben wird, ist das radiologische Erschei- Abb. 3a: Intraoperativer Gelenksitus rechts über präaurikulären Zugang mit Darstellung einer kalzifizierten Gelenkkapsel im zentralen Bildausschnitt: nebenstehend intraoperative Navigation mit Pointerlokalisation im Capitulum rechts Abb. 3b: Intraoperativer Gelenksitus rechts über präaurikulären Zugang mit Darstellung einer soliden, kalzifizierten Gelenkkapsel bei eröffnetem oberem Gelenkspalt im zentralen Bildausschnitt PD DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat 3a 3b 42 | MEDIZIN
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