Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 110, Nr. 13, 1.7.2020, (1324) STUDIE DES PLYMOUTH MARINE LABORATORY IN GROßBRITANNIEN Mehr Mikroplastik im Meer – weniger in Dentalprodukten In den Ozeanen befindet sich mindestens doppelt so viel Mikroplastik wie bisher angenommen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Untersuchung aus Großbritannien. Ein Teil des Problems sind Kosmetikprodukte, die Mikroplastik enthalten. Deren Zahl steigt weiter – trotz aller Erkenntnisse zur Tragweite des Problems. Positive Ausnahme bilden die Dentalprodukte. D ie neuesten Forschungsergeb- nisse in Sachen Mikroplastik- verschmutzung der Weltmeere können schockieren: Denn die Dimen- sion des Problems wurde offensichtlich stark unterschätzt – und könnte noch größer sein, als die Wissenschaftler vom Plymouth Marine Laboratory jetzt nachweisen konnten. Denn für ihre Erkenntnis nutzten die Forscher keine bahnbrechend neuen Tools oder Berechnungsmethoden, sondern schlicht feinere Netze. Normalerweise werden Netze mit Maschenweiten von 333 Mikrometer (0,333 Millimeter) zum Filtern von Mikroplastik verwendet. Für die in der Zeitschrift Environmental Pollution veröffentlichte Studie wurden statt- dessen Netze mit Maschenweiten von 100 Mikrometer (0,1 mm) verwendet – in denen sich am Ende von Schlepp- fahrten vor der Küste von Plymouth in Großbritannien und der Küste von Maine in den USA rund 2,5-mal mehr Partikel fanden als im Standard- netz. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse deutet nach Ansicht der Studien- autoren darauf hin, dass die Funde für Gewässer in der Nähe von besiedeltem Land repräsentativ sind. Durch eine Hochrechnung kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Mikroplastikkonzen- trationen 3.700 Partikel pro Kubik- meter überschreiten könnten – das ist weit mehr als die Anzahl an Zoo- plankton in derselben Wassermenge. Bekannt ist, dass Mikroplastikver- schmutzung die Fruchtbarkeit, das Wachstum und das Überleben von Meereslebewesen beeinträchtigt. Kleinere Partikel gelten als besonders besorgniserregend, da sie die gleiche Größe haben wie die vom Zoo- plankton verzehrten Lebensmittel, die die marine Nahrungskette stützen und eine wichtige Rolle bei der Regulierung des globalen Klimas spielen. „Die Mikroplastikkonzentration im Meer könnte derzeit stark unterschätzt werden“, sagte Prof. Pennie Lindeque vom Plymouth Marine Laboratory in Großbritannien, das die Forschung leitete. Denn offen bleibt, wie viele noch kleinere Partikel es gibt, die selbst von den jetzt verwendeten, fein- maschigeren Netzen nicht aufgefangen werden. Das würde bedeuten, dass die Belastung noch einmal größer sein könnte. Laut der Umweltorganisation BUND stieg die Zahl der betroffenen Kos- metikprodukte ungeachtet der wissen- schaftlichen Erkenntnisse der ver- gangenen Jahre weiter. „Es braucht kein Mikroplastik in Kosmetika, die jeweiligen Produkte lassen sich auch ohne Kunststoffe realisieren. Das gilt ganz sicher, und meist ohne groß- artigen Aufwand, für feste Plastik- partikel“, sagt ein Sprecher des BUND. Was die Verwendung von flüssigem Plastik angeht, hätten die Hersteller größere Kopfschmerzen hinsichtlich einer schnellen Substitution. „Aus unserer Sicht gibt es aber auch hier umsetzbare Alternativen.“ Generell ist der intendierte Einsatz von Mikro- plastik in Kosmetikprodukten, ange- sichts der Durchdringung aller Lebens- bereiche und Ökosysteme nach Einschätzung des BUND angesichts der weitgehend unbekannten Risiken „nicht zu rechtfertigen“. BUND: „ES GIBT UMSETZBARE ALTERNATIVEN.“ Laut Einkaufsratgeber des BUND gibt es aktuell drei Dentalprodukte, die Mikroplastik enthalten – dabei aber eine positive Entwicklung. Betroffen ist aktuell noch eine Haftcreme der Marke Kukident („Professionell Haftcreme Med + Kamille“), nachdem es Mitte 2018 noch zwei Produkte waren. In der Stellungnahme weist die Reckitt Benckiser Deutschland GmbH darauf hin, dass Polyethylen „nur in sehr 58 | GESELLSCHAFT

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