Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13
zm 110, Nr. 13, 1.7.2020, (1325) kleinen Mengen enthalten“ sei. Weiter heißt es, man sei sich der Problematik durchaus bewusst, weshalb auch im globalen Kosmetik- und Haushalts- pflegeportfolio keine Mikroperlen aus Polyethylen oder Polyurethan mehr verwendet werden. Die Inhaltsstoffe unterlägen jedoch längeren Austausch- prozessen und Validierungen. Das Unternehmen arbeite bereits an Alter- nativen für das Polyethylen in der Haftcreme, heißt es, und „sobald eine Alternative validiert wurde, die eine vergleichbare Produktleistung ver- spricht, [...] werden wir diese in den Markt einführen“. Das Unternehmen Unilever verwendet in dem Zahnaufhellungsstift „White- ning Pen White Now CC Touch“ vom BUND beanstandetes Acrylates Copolymer (AC), will dieses jedoch nicht als Mikroplastik klassifiziert wissen. Stattdessen verweist die Unter- nehmenskommunikation darauf, dass in einer 2018 veröffentlichten, vom BUND in Auftrag gegebenen Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik ein weitgehender Konsens darin bestehe, „dass in der wissenschaftlichen Litera- tur bisher keine löslichen, gelartigen oder flüssigen Polymere unter dem Oberbegriff Mikroplastik behandelt werden“. Problembewusster zeigt man sich bei der Beovita Vital GmbH. Auch das durch die Start-up-Fernsehshow „Höhle der Löwen“ bekannt gewordene Parodont-Zahnfleischpflege-Gel ent- hält flüssiges Plastik, in dem Fall Poly- ethylen. Es seien jedoch nur 0,1 g pro 10-ml-Tube, betont Geschäftsführer Dr. Ismail Özkanli – erklärt aber, trotz- dem sei eine neue Rezeptur bereits entwickelt und getestet. Ab September soll dann das neue, plastikfreie Gel produziert werden. Damit schaffe man „ein für alle Mal die Diskussion aus der Welt“, so Özkanli. \ Penelope K. Lindeque et al.; „Are we underestimating microplastic abundance in the marine environment? A comparison of microplastic capture with nets of different mesh-size“, Environmental Pollution, Available online 3 May 2020, https://doi.org/10.1016/j.envpol. 2020.114721 DIE POLITIK REAGIERT – MIT ERSTAUNLICHEN FOLGEN Mikroplastik wird weiterhin in vielen Kosmetika zugesetzt. Nach kritischen Berichten in den 2010er-Jahren, die zeigten, wie Mikroplastik in die Nahrungskette des Menschen gelangt, reagierte die Dentalbranche als erste. Mehrere Zahnpastahersteller änderten ihre Rezepturen und verwendeten fortan kein Mikroplastik mehr als Putzkörper oder optisches Accessoire. Die Politik hingegen reagierte zahnlos, so der Vorwurf von Umweltorganisa- tionen wie Greenpeace: Die Bundes- regierung setzte 2013 mit dem sogenannten „Kosmetikdialog“ auf eine freiwillige Selbstverpflichtung* der Industrie, ab 2020 ganz auf Mikroplastik zu verzichten. Trotzdem hat sich Zahl der Kosmetik- produkte, die Mikroplastik enthalten, seit 2014 in Deutschland mehr als ver- doppelt. Laut der Umweltorganisation BUND sind es aktuell 1.015. Für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) ist es allerdings kein Wider- spruch, dass die Zahl der vom BUND gelisteten Produkte trotz Kosmetik- dialog steigt, erklärte es bereits 2018: „Beim Dialog geht es um feste Mikro- teilchen aus Kunststoff, nicht um sogenannte flüssige Kunststoffteilchen.“ Immerhin: Im März 2019 stimmte das EU-Parlament für ein Verkaufs- verbot von verschiedenen Einweg- produkten aus Kunststoffen (Besteck, Teller, Wattestäbchen oder Fastfood- Behälter), die vermehrt in Ozeanen gefunden wurden und dort durch Umwelteinflüsse in immer kleinere Teile zerfallen. Es tritt 2021 in Kraft. *(Für flüssiges Mikroplastik oder solches im Nanobereich gilt die freiwillige Selbstverpflichtung explizit nicht.) Foto: AdobeStock_ gradt | 59
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