Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

AUS DER WISSENSCHAFT Explorative Studie zur Ultrastruktur remineralisierten Dentins Kerstin Albrecht Der biologische Ansatz in der Zahnerhaltung, weg vom „drill and fill“, hat einen Paradigmenwechsel zu minimal- und noninvasiven Techniken ausgelöst. Doch die natürlichen Mechanismen, die hinter den De- und Remineralisations- prozessen während der Kariesentstehung und- progression stehen, sind bislang nicht bis ins Detail verstanden. Japanische Forscher blickten nun mit modernsten Vergrößerungshilfen tief in die Ultrastruktur von Dentin und Karies. S chon in den 1980er-Jahren unter- suchten mehrere Arbeitsgruppen den Grenzbereich zwischen ge- sunder Zahnhartsubstanz und kariös verändertem Gewebe. Neben unter- schiedlichen Härtegraden dieser beiden Zonen [Ogawa et al., 1983] erkannten die Forscher unter dem Rasterelektro- nenmikroskop offenbar neu gebildete Apatitkristalle in beiden Schichten. An- dere Teams entdeckten am Übergang von Dentinkaries zu gesundem Dentin teilweise und vollständig mineralisierte Dentintubuli [Frank und Voegel, 1980]. Die strukturelle Organisation eines durch körpereigene Prozesse remineralisierten Dentins konnten sie allerdings noch nicht in allen drei Dimensionen erkennen. In der hier vorgestellten explorativen Studie aus Japan untersuchten die Forscher nun den remineralisierten Dentinbereich am Rand einer Karies- läsion mit neuen rasterelektronen- mikroskopischen Methoden. MATERIAL UND METHODE Sie stellten Proben aus zwei extrahierten kariösen menschlichen Prämolaren her. Die Zähne stammten von unterschied- lichen Personen und waren aufgrund einer tiefreichenden Karies oder aus paro- dontalen Gründen extrahiert worden. An beiden Zähnen gab es einen Bereich remineralisierten Dentins unmittelbar anschließend an die Kariesläsion. Die Wissenschaftler stellten aus diesen auf natürliche Weise remineralisierten Dentinstrukturen Proben her, um sie mit verschiedenen Verfahren der Raster- elektronenmikroskopie zu untersuchen. ERGEBNISSE Sie entdeckten in der Nähe der Karies- läsion gefüllte Dentintubuli, weiter ent- fernt von der Läsion waren die Tubuli offen. Die Dentintubuli waren mit einer weißen Substanz gefüllt. An der Grenz- fläche vom gesunden zum kariösen Dentin erschien die tubuläre Struktur teils unterbrochen, die weiße Struktur darin jedoch nahezu intakt. Ihre Dichte war höher als die von gesundem Dentin. Laut chemischer Analyse enthielt die weiße Substanz Kalzium, Sauerstoff, Phosphat und Magnesium. Bakterien kamen nur im erweichten Dentin der Kariesläsion vor. Die weiße „Füllung“ bestand aus Hydroxylapatitkristallen und amorphem Kalziumphosphat. Hydroxylapatitkristalle enthielten auch die Dentinreste zwischen den Tubuli. Abb. 1: Aa: Rasterelektronenmikroskopische (REM) Aufnahmen mit geringer Vergrößerung eines einzelnen Schnitts durch eine Kariesläsion mit remineralisiertem Bereich aus einer menschlichen Zahnprobe. Relativ weit entfernt vom kariösen Gewebe sind offene Dentin- tubuli zu erkennen (linke Seite, gestrichelter Kasten), während gefüllte Tubuli in der Nähe der Kariesläsion zu sehen sind. Ab: Die höhere Vergrößerung zeigt eine zerstörte Dentinstruktur an der Kariesläsion. Das zerfallene Dentin wurde zur Probenherstellung zusammen mit einer beträchtlichen Anzahl von Bakterien in Epoxidharz eingebettet. Ac: Die Dentintubuli in der Nähe der Kariesläsion sind mit einer Substanz hoher Dichte gefüllt. DR. MED. DENT. KERSTIN ALBRECHT Medizin-/Dentaljournalistin Foto: privat 22 | ZAHNMEDIZIN

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