Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 110, Nr. 14, 16.7.2020, (1410) 100 JAHRE AKADEMIE FÜR ZAHNÄRZTLICHE FORTBILDUNG KARLSRUHE – INTERVIEW MIT PROF. DR. WINFRIED WALTHER „Fortbildung ist erfolgreich, wenn Praxisroutinen verbessert werden“ In diesem Jahr feiert die Akademie für Zahnärztliche Fortbildung in Karlsruhe ihr 100-jähriges Bestehen: Ihr Direktor, Prof. Dr. Winfried Walther, zur Bedeutung des Instituts damals und heute, zur Rolle innovativer Fortbildungsformate für den Praxisalltag und zur Wirkung der Akademiekonzepte in Standespolitik und Gesellschaft. Herr Prof. Walther, bevor wir zurückblicken: Welchen Stellenwert hat die Akademie heute für die Zahnärzte in Deutschland, was zeichnet sie bundesweit aus? Prof. Dr. Winfried Walther: Ich denke, den Stellenwert der Akademie kann man am besten von den Kolleginnen und Kollegen erfahren, die eine weite Anreise in Kauf nehmen, um in Karlsruhe Fortbildung zu machen. Es ist klar, dass man etwas Besonderes leisten muss, damit eine Fortbildungs- institution so attraktiv für Zahnärz- tinnen und Zahnärzte ist. Keinesfalls darf man sich auf seinen Lorbeeren ausruhen. Neue Ideen sind gefragt, die den Praxen helfen und die zahn- medizinische Versorgung verbessern. Unser Stellenwert muss also ständig neu bestimmt und verteidigt werden. Allerdings: Geschichte hilft dabei. Erfahrung und Ausdauer hat den Lehr- betrieb in Karlsruhe jetzt über vier Generationen geprägt. Die ersten 40 Jahre ab 1920 waren geprägt vom Dualismus des Berufsstands – mit Dentisten und Zahnärzten. Welche Rolle spielte die Akademie damals – auch überregional? Über die ersten 40 Jahre des Karlsruher Instituts haben wir in den vergangenen Monaten sehr viel gelernt. Die Arbeit an unserer digitalen Festschrift, deren Entstehung jeder im Internet verfolgen kann, hat uns in viele Archive geführt. Durch diese Recherchen können wir den Lehrbetrieb am Institut sehr lebendig darstellen. Das Lehrinstitut in Karlsruhe galt als ein „bahn- brechendes“ Institut und hatte einen hervorragenden Ruf. Die Dentisten waren sehr stolz darauf. Dann kam das Zahnheilkundegesetz von 1952 und mit ihm eine neue Aufgabenstellung für das Institut. Was waren die Herausforderungen – und wie gelang der Wandel? Die Überwindung des Dualismus war eine Riesenleistung. Stellen wir uns einmal vor, es gäbe heute immer noch zwei Berufsstände, die für die zahn- medizinische Versorgung verantwort- lich wären. Alle vertraglichen Fragen wären noch komplizierter, als sie ohnehin schon sind. Die Dentistischen Lehrinstitute haben nach 1952 den „wesentlichsten Teil dazu beigetragen, den Dualismus zu überwinden“. Das ist eine Feststellung von BdZ Präsident Dr. Erich Müller aus dem Jahr 1960. Die Ausbildung war so gut, dass die Dentisten ab 1952 Zahnärzte werden konnten. In den letzten Jahren der Lehr- tätigkeit von 1956 bis 1960 endete die Ausbildung in Karlsruhe direkt mit der Bestallung zur Zahnärztin beziehungs- weise zum Zahnarzt. Bis zum hoch professionellen Akademiebetrieb heute war es ein langer Weg. Was waren die Meilensteine der Entwicklung? DIE ÜBERWINDUNG DES DUALISMUS – DAS ZAHNHEILKUNDEGESETZ VON 1952 Der Deutsche Bundestag verabschiedete am 14. Februar 1952 einstimmig das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde. Vorausgegangen war diesem 1948 das Bonner Abkommen der Standesvertretungen der Zahnärzte und der Dentisten. Damals hatten beide Standesvertretungen ihren Willen ausgedrückt, Verhandlungen über die Beseitigung des Dualismus zu führen. Im Ergebnispapier stand, dass die Vertretungen Mängel in der Berufsausbildung beider Stände fest- stellten, die durch eine neue, einheitliche Studienordnung beseitigt werden sollten. Das 24 Paragrafen umfassende Zahnheilkundegesetz wurde am 31. März 1952 veröffentlicht. Es regelt formal den Übergang der Dentisten in einen einheitlichen zahnärztlichen Berufsstand. Darüber hinaus beendete es die auf dem Gebiet der Zahnmedizin vorhandene Kurierfreiheit. Fotos: Zahnärztliche Akademie Karlsruhe Prof. Dr. Winfried Walther ist Direktor der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung inKarlsruhe. 48 | GESELLSCHAFT

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