Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 110, Nr. 14, 16.7.2020, (1414) 100 JAHRE ZAHNÄRZTLICHE AUS- UND FORTBILDUNG IN KARLSRUHE Wegbereiter zur Einheit des Berufsstands Hans Ulrich Brauer, Winfried Walther Vom Dentistischen Lehrinstitut zum ersten Fortbildungsinstitut der Deutschen Zahnärzteschaft: Die Akademie für Zahnärztliche Fortbildung in Karlsruhe wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Anlass für einen Blick in die wechselvolle Geschichte des Instituts, das die Fortbildungslandschaft des Berufsstands auch bundesweit entscheidend mitgeprägt hat. In Teil I einer insgesamt dreiteiligen Berichterstattung geht es um die ersten 40 Jahre – und um die Rolle bei der Aus- bildung der Dentisten. Bis 1960 durchlaufen 4.000 Absolventen die Ausbildung, die für „Staatlich geprüfte Dentisten“ vorgesehen ist. Das Dentistische Lehr- und Fortbil- dungsinstitut Karlsruhe feierte am 14. Oktober 1920 seine Einweihung (Abbildung 1). Der erste Direktor des Lehr- und Fortbildungsinstituts Karls- ruhe ist Emil Kimmich (Abb. 2). Er ist Dentist und schildert 1919 in einem Schreiben an den Stadtrat die Aus- gangssituation für die Gründung des neuen Lehrinstituts: „Es bestanden vor Kriegsbeginn als gleichartige Institute des Verbandes der Dentisten im deutschen Reich eines in Straßburg und eines in Berlin. Nachdem das erstere dem Reich verloren ging, und das Berliner bei weitem dem vorliegenden Bedürfnis nicht genügt, haben die da- raufhin einsetzenden Verhandlungen zu dem Entschluss geführt, ein gleiches Institut in Karlsruhe ins Leben zu rufen“ [Stadtarchiv H-Reg. A 2099]. Die Stadt ist hilfreich. Es werden geeig- nete Räume gefunden. Ein Stockwerk in einem ehemaligen Verfügungs- gebäude des Städtischen Klinikums wird freigemacht. Dort ist Platz für eine große Lehrklinik, ein zahntechnisches Labor und einen Unterrichtsraum. Im Jahr der Gründung des Lehrinstituts führt das Land Baden als erstes Land des Deutschen Reiches eine staatliche Prüfung für Dentisten ein. Für die Den- tisten, die seit 1880 in einem Berufs- verband organisiert waren, bedeutete diese staatliche Anerkennung einen Durchbruch. Sie hatten jetzt eine eigene „kleine Approbation“. Das Karlsruher Institut wurde von den Zeitgenossen deswegen auch als „bahnbrechendes“ Institut bezeichnet (Abbildungen 3 und 4). Andere Länder folgten dem Beispiel Badens. Der Lehrbetrieb weitet sich schnell aus. Im Juli 1929 bezieht das Institut neue Räume in der Sophien- straße. Dieses Haus sollte für 85 Jahre die Heimstatt für zahnärztliche Aus- und Fortbildung bleiben. SONDERWEG MIT ZWEI BERUFSSTÄNDEN Die erste staatliche Prüfungsordnung für Dentisten umfasste 17 Paragrafen. Es sind dort die Zusammensetzung der Prüfungskommission, Prüfungsvoraus- setzungen, Fristen und Gebühren speziell geregelt. Zur Prüfung wird bei- spielsweise nur zugelassen, wer eine dreijährige abgeschlossene Lehrzeit bei einem in der Zahntechnik und opera- tiven Zahnheilkunde ausgebildeten Lehrherrn und dann eine dreijährige Tätigkeit als Gehilfe eines Zahnarztes oder eines Dentisten aufweisen kann. Die Ausbildungszeit am Lehrinstitut kann bis zu einem Jahr angerechnet werden. Zusätzlich ist der Nachweis über eine zweijährige Tätigkeit als Den- tist zu erbringen (Badisches Gesetz- und Verordnungs-Blatt vom 15. April 1920). Warum bestand 1920 überhaupt der Wunsch, ein Dentistisches Lehrinstitut DREITEILIGE ZM-REIHE Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe veröffentlichen die zm eine dreiteilige Berichtsreihe zur Geschichte des Instituts. In Teil 1 (in diesem Heft) geht es um die Rolle des Instituts bei der Ausbildung der Dentisten und später bei der Fortbildung der Zahnärzte. Teil 2 (in zm 18) wird einen Blick auf die Menschen im Institut werfen: Lehrende, Lernende, Absolventen und Initiativen, die sich aus der Fortbildung gegründet haben. Teil 3 (zm 22) wird begleitend zur geplanten 100-Jahr-Feier im November die Rolle der Akademie in Zahnmedizin, Wissenschaft und Gesellschaft aufgreifen. 52 | GESELLSCHAFT
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