Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
betonte Gesichtsschwellung und Rö- tung ausgehend von einem 4,5 cm x 4,5cm großen Ulcus frontal rechts (Ab- bildung 1). Temporal links stellte sich eine weitere karzinomsuspekte, ulcerie- rende und exophytische Hautläsion, 2 cm x 2 cm messend (Abbildung 2) dar. Okzipital zeigte sich eine weitere verkrustete Hautläsion, ungefähr 3 cm im Durchmesser (Abbildung 3). Aus der Läsion frontal rechts ließen sich dreizehn 11 mm lange, vitale Maden bergen (Abbildung 4). Diese wurden in Hautantiseptikum (Schülke Desderman® pure) asserviert. Eine Analyse der Spezies wurde mit- hilfe der Abteilung für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg sowie der Abteilung für Rechtsmedizin des Universitätsklini- kums in Frankfurt durchgeführt und identifizierte die Schmeißfliegenart (Calliphoridae) Goldfliege (Lucilia sericata). Die ältesten Tiere befanden sich im Larvenstadium 3. Von einer Durchschnittstemperatur von 34 °C ausgehend, entsprach dies einer Be- siedlung zwei Tage zuvor. Die Computertomografie des Viszero- und des Neurokraniums ergab keinen Anhalt einer knöchernen Infiltration, jedoch infraaurikulär rechts zwei me- tastasensuspekte Lymphknoten. Eine neu aufgetretene, knöcherne Arrosion im Bereich des okzipitalen Defekts konnte nicht ausgeschlossen werden. Somit ergaben sich folgende Diagnosen: \ V. a. Plattenepithelkarzinom der Haut, frontal rechts und temporal links \ V. a. Lymphknotenmetastasen infraaurikulär rechts \ Fakultative Myiasis frontal rechts \ Gesichtsphlegmone Aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Patientin und der Ablehnung jeg- licher chirurgischer Interventionen wurde in Absprache mit den Angehö- rigen die Entscheidung zu einer rein symptomatischen Therapie getroffen und – aufgrund fehlender Konsequenz – auf eine Probeentnahme zwecks histo- pathologischer Diagnosesicherung der Läsionen verzichtet. Die Einleitung einer intravenösen antibiotischen und analgetischen Therapie mit Ceftriaxon und Metamizol sowie einer leichten Sedierung mit Midazolam war bereits in der Notaufnahme erfolgt. Des Weiteren wurden die Maden mit einer Pinzette entfernt, die Ulcera mit Wund- antiseptikum (Schülke Octenisept ® ) gereinigt und mit Jodoformsalbe-Kom- pressen abgedeckt. Unter dieser Therapie waren Schmerz und Entzündungssymptomatik schnell rückläufig, so dass die Patientin zeitnah wieder in die ambulante Behandlung Abb. 2: Ansicht von fazial nach Beseitigung der Maden und Abklingen der Entzündungsreaktion des Ulcus frontal rechts, weiterer suspekter Hauttumor temporal links Foto: Johanna Wrede DR. DR. NIELS LIEBEHENSCHEL Leitender Oberarzt Asklepios Klinik Nord-Heidberg, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Tangstedter Landstr. 400, 22417 Hamburg Foto: privat DIPL.-BIOL. OLIVER KREBS Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Diagnostikzentrum Institut für Rechtsmedizin, Forensische Molekulargenetik und Anthropologie Butenfeld 34, 22529 Hamburg Foto: privat LENA LUTZ M.SC . Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Institut für Rechtsmedizin, Forensische Entomologie Kennedyallee 104, 60596 Frankfurt/Main Foto: privat | 57
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