Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

PRAXISLEKTÜRE Ein gutes Zahnarzt-Buch nimmt Kindern die Angst Dr. Andrea Thumeyer ist Expertin der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH) in Sachen Kinderbücher. Sie weiß, welche Lektüre für die kleinen Patienten sinnvoll ist und welche Bücher man besser nicht in der Praxis auslegen sollte. Frau Dr. Thumeyer, die LAGH beschäftigt sich seit Jahren intensiv damit, welche Kinderbücher zur Mundgesundheitsförderung besonders empfehlenswert sind. Wie ist die Bücherliste der guten Kinderbücher entstanden? Dr. Andrea Thumeyer : Kinderbücher rund um den gesunden Mund sind meist Sachbücher, die zeitgemäßes Wissen an die Kinder und an den er- wachsenen Vorleser vermitteln. Solche Sachbücher liegen in häuslichen Kin- derzimmern, in Bibliotheken, in Warte- zimmern von Ärzten und Zahnärzten und werden in Kindertagesstätten und Schulen von Erziehern und Lehrern zur Bildung von Kindern gezielt ein- gesetzt. Gerade die pädagogischen Fachkräfte kritisierten zu Beginn der hessischen Gruppenprophylaxe Bücher, Medien und Materialien. So entstand in der Diskussion mit Erziehern und Lehrern bald eine Bücherliste, die jährlich hinterfragt und durch Neuerscheinungen ergänzt wurde. Als die Gesamtliste immer umfangreicher wurde, teilte man sie in drei getrennte Listen – „Bücherhits“, „Nicht empfehlenswerte Bücher“ und „Absolut nicht empfehlenswerte Bücher“. Die Kriterien der Bewertung wurden transparent gemacht und sie wurden strenger. Bücherhits müssen heute auch im Einklang mit dem hessischen Konzept der Mundgesund- heitsförderung „5 Sterne für gesunde Zähne“ stehen. In einem Gespräch mit dem Börsenblatt des Deutschen Buchhandels haben Sie vor Kurzem erklärt, was ein gutes Buch zur Mundgesundheit ausmacht. Welche Rolle können hier die Verlage übernehmen? Im Interesse der Zahngesundheits- förderung aller Kinder ist es erforder- lich, dass alle Beteiligten beim Thema Gesundheitsvorsorge an einem Strang ziehen. Die Verlage sind hier wichtige Partner. Die Redakteure und Autoren sind in der Verantwortung, den der- zeitigen State of the Art beim Thema Mundpflege in eine schöne Geschichte zu verpacken. Zähne werden morgens direkt nach dem Frühstück und abends nach dem Abendessen mit einer Reiskorn- oder Erbsengröße Kinderzahnpasta (1.000 ppm Fluorid) geputzt. Berge von Zahnpasta, aus Kindermündern quellender Zahnpasta- schaum, verteilt auf Schlafanzug, Waschbecken und Boden mögen für den Grafiker lustig sein, sind aber kontraproduktiv, da sie fachlich falsch und pädagogisch zweifelhaft sind. Welche Mutter, welcher Vater und welche pädagogische Fachkraft will ein Kind, das sich so verhält wie die Identifikationsfigur eines solchen Kinderbuches? Inhaltlich muss die KAI plus Systematik umgesetzt sein, also der Weg der Zahn- bürste (Kauflächen, Außenflächen, In- nenflächen) und die erforderliche Tech- nik altersdifferenziert erklärt werden. Absolut unverzichtbar sind Eltern, die in Wort und Bild die Verantwortung für das Sauberputzen der Kinderzähne, das „plus“, aktiv übernehmen: Ohne El- ternhand im Kindermund werden Kin- derzähne krank. Wie kann der Zahnarzt bei der Vielzahl von Büchern über Zähne die Spreu vom Weizen trennen? Zahnarztteams sollten Kinderbücher auswählen, die die Gesundheits- kompetenz fördern. Die Hitliste der LAGH macht es den Zahnarztpraxen leicht, die richtigen Bücher zu kaufen, zu finden ist diese Liste auf der Website der LAGH [Anm. der Red.: https:// bit.ly/LAGH_Buecherhits] . Bei der Wahl von Büchern für den Ein- satz in der zahnärztlichen Praxis sind die Bücher zu empfehlen, in denen der Zahnarzt als Freund und Helfer dargestellt wird und folgende Fragen beantwortet werden: Wozu brauche ich meine Zähne? Warum gehen wir zum Zahnarzt? Wie sieht es im Be- handlungszimmer aus? Wie wird ein Zahn repariert? Wie lange, wie oft und von wem werden Zähne geputzt? Was passiert bei einer Untersuchung? Und wann ist ein Kinderbuch über Zähne so richtig schlecht? Bei unseren Bewertungen sind wir in den Büchern auf Inhalte gestoßen wie die Frage „Sind Zahnärzte gefähr- lich?“ und die Antwort lautet „Ja, das sind die Schlimmsten!“. Es wird von „grässlicher Zahnpasta“ geschrieben, 74 | PRAXIS DR. ANDREA THUMEYER ... ist Zahnärztin in Kriftel und Vorsitzende der Landesarbeits- gemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH). Foto: privat

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=