Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 110, Nr. 15-16, 16.8.2020, (1472) STÖRUNG DER TELEMATIKINFRASTRUKTUR Von Entwarnung keine Spur Die Störung des Versichertenstammdatendienstes der Telematikinfrastruktur (TI) ist laut gematik behoben. Alle Konnektoren seien mit dem Update der relevanten Sicherheitsdatei versorgt und wieder online. Jetzt läuft die Suche nach dem Verursacher, der für die Schäden aufkommt. Kosten in Millionenhöhe werden befürchtet. Und: Experten halten rund 50.000 der upgedateten Konnektoren für unsicher. A cht Wochen litten bis zu 80.000 Arzt- und Zahnarztpraxen unter Störungen der TI. Die Ärzte und Zahnärzte konnten die Gesundheits- daten ihrer Patienten teilweise nur offline einlesen und die Versicherten- datenstammdaten gar nicht abglei- chen. Ob wirklich alle Konnektoren wieder problemlos laufen, vermag zur- zeit niemand zu sagen. Offiziell hat die gematik das Problem am 15. Juli per Pressemitteilung für beendet erklärt. Experten gehen jedoch davon aus, dass es bundesweit nach wie vor Geräte gibt, die noch nicht entstört wurden. ES BLEIBT DIE FRAGE NACH DER VERANTWORTUNG Derweil beteuert die gematik, dass die Kosten für die notwendigen Updates „im Regelfall durch die TI-Betriebskos- tenpauschale gedeckt sind“. Denn Up- dates gehörten zum Praxisalltag dazu. Eine eigens gegründete „Task Force Finanzierung“ soll jene Sonderfälle re- geln, die während der Störung entstan- den sind und bei denen die Übernah- me der Rechnung der IT-Dienstleister ungeklärt ist. Für normale Wartungsarbeiten erhal- ten die Zahnarztpraxen pro Quartal eine Servicepauschale von 249 Euro. Den Service erledigen die sogenannten Dienstleiter vor Ort (DvO). Ob das Ein- spielen der sogenannten TSL-Datei auch unter diese Pauschale fällt oder nicht, ist eine der wichtigsten Fragen, die es aktuell zu klären gilt. Denn viele Dienstleister sind nicht bereit, inner- halb dieses Rahmens mit viel Aufwand einen Fehler zu beheben, den sie nicht zu verantworten haben. WELCHE ROLLE SPIELT DIE ARVATO? Aus Sicht der gematik ist die Bertels- manntochter Arvato Systems GmbH für die Störung verantwortlich – und damit auch für sämtliche Kosten, die anfallen. Die gematik setzt auf zeitna- he außergerichtliche Einigungen zwischen den maßgeblichen Parteien, mit dem Ziel, dass den Leistungser- bringern über den bisherigen Aufwand und Ärger hinaus keine weiteren Schä- den entstehen. Falls das nicht gelingt, erwägt sie Insidern zufolge „notfalls auch auf eine gerichtliche Durchset- zung der eigenen Ansprüche“. Mit Verweis auf vorliegende Doku- mente mutmaßt das „Handelsblatt“, „dass langwierige Rechtsstreitigkeiten drohen. Ärzte und IT-Dienstleister be- fürchten, auf dem Schaden sitzen zu bleiben“. Es herrsche Uneinigkeit, ob die Wartungspauschale für zentral in der TI gemachte Fehler gedacht ist. Am Ende reiche die Pauschale oft nicht, wenn der IT-Dienstleister das Problem vor Ort beheben muss. Viele IT-Dienst- leister berichteten, dass sie Rechnun- gen schrieben. Das „Handelsblatt“ fragt: „Doch wenn der Arzt den IT- Dienstleister nicht bezahlen soll, wer dann?“ Fachleute rechnen laut „Handels- blatt“, dass in zehn bis 25 Prozent der Störungsfälle die IT-Dienstleister in die Praxen fahren mussten, um den Fehler zu beheben. „Bei mehreren Tausend Konnektoren, bei denen das notwendig war, und Kosten für einen Vor-Ort-Termin im dreistelligen Bereich, würde wohl allein dieser Schaden in Millionenhöhe liegen. Was die Taskforce mit den Rechnun- gen anstellen wird, werden wohl Juristen klären müssen“, so das „Han- delsblatt“ weiter. Auch das Deutsche Gesundheitsnetz (DGN) hat sich in die aktuelle Diskus- sion eingeschaltet. Der Provider teilte mit, dass es die Sicht der gematik nicht teilt, wonach Dienstleister vor Ort und VPN-Zugangsdienste den Praxen das Einspielen des erforderlichen Updates nicht in Rechnung stellen dürfen. Aus Sicht des DGN habe die Einschät- zung der gematik „rechtlich keinen Bestand“. CGM WAR FAST GAR NICHT BETROFFEN – WARUM? Insgesamt konnten während der Stö- rung 80.000 der 130.000 Praxen und Einrichtungen mit Konnektoren der Hersteller T-Systems, RISE und Secunet bestimmte Dienste der TI nicht mehr erreichen. Von den Praxen mit dem Konnektor „KoCoBox Med+“ des Her- stellers CompuGroup Medical Deutschland AG (CGM) waren hinge- gen weniger als ein Prozent betroffen. Foto: AdobeStock_ Cybrain 14 | POLITIK

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