Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 110, Nr. 15-16, 16.8.2020, (1480) und wo geimpft? Darauf kann man sich gut vorbereiten.“ Nötig dafür ist für Teichert eine Unterstützung durch die Bundesebene: „Wir brauchen zentrale Zuständigkeiten für all diese Themen, wir müssen Kompetenzen und Ressourcen bündeln.“ ARBEIT UNTER SUBOPTIMALEN BEDINGUNGEN Nicht wenige Gesundheitsämter versu- chen derzeit übergeordnete Aufbau- und Ablaufpläne inklusive Aufgaben- zuweisungen zu erstellen, berichtete Schäfer. Es werden Verantwortlichkei- ten je Organisations- und Prozess- einheiten festgelegt und Führungskon- zepte erarbeitet. Außerdem will man vor einer möglichen zweiten Pande- miewelle die digitalen Abläufe syste- matisch verschlanken, um Medien- und Prozessbrüche zu vermeiden. Schäfer forderte dazu die Einführung eines digitalen standardisierten Quarantäne-Managements, das auch ein Kontaktpersonennachverfolgungs- system (Kona) beinhaltet. „Gerade dem letzteren wird eine erhebliche Bedeutung zukommen, denn die ge- zielte Kona dient der Verminderung der Infektionsausbreitung,“ veran- schaulicht er. „Das zeitnahe Zugehen auf mögliche Virusträger kann dazu führen, dass nur noch regional oder gar lokal eine Reduktion des öffentlichen Lebens notwendig wird. Dass dies möglich ist, zeigen die zurückliegenden regional aufgeflammten Infektionsgeschehen. Dies alles muss mit sehr wenig neuem Personal erarbeitet werden – und dass dieses Personal oft schon nahezu fünf Monate im Dauereinsatz ist, macht es umso schwieriger.“ DIE WERTSCHÄTZUNG IST GESTIEGEN Die Pandemie hat bisher aber auch gezeigt, dass der Öffentliche Gesund- heitsdienst an vielen Stellen gute Arbeit geleistet hat. Teichert: „Einzelne Gesundheitsämter vor Ort haben sich mit den wesentlichen Akteuren ver- netzt – je nach lokalen Gegebenheiten zum Beispiel mit niedergelassenen Ärz- ten, Feuerwehr oder dem notärztlicher Dienst.“ Als positiv stellte Teichert auch die gestiegene Wertschätzung und das Verständnis für die Arbeit der Gesundheitsämter vor Ort in der Öffentlichkeit heraus: „Hier haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht.“ Schäfer hebt den „Team Spirit“ der Ak- teure hervor: „Die Organisation des Ablaufs – angefangen von den Abstri- chen bei den Patienten, den Proben- und Datentransfers an die Labore, der Befundübermittlung, der Kontaktauf- nahme bei positivem oder negativem Testergebnis, bis hin zur Kontaktwah- rung bei positiv getesteten Personen inclusive der sogenannten Ordnungs- verfügungen – all das klappt sehr gut. Über allem hat sich das Gefühl breit gemacht, dass man die Pandemie „schaffen“ kann.“ DAS GEFÜHL, MAN KANN DIE PANDIEMIE SCHAFFEN Aber es gibt auch Schattenseiten. Teichert nennt den eklatanten Mangel an Material und Schutzausrüstung am Anfang der Pandemie. Und Schäfer verweist auf weitere organisatorische Schwachstellen: „Die Anzahl der Datenbänke ist zu groß. Auch die Anzahl der Stellen, die diese Daten be- arbeitet, sollte reduziert werden. Die Landeshauptstadt Düsseldorf erarbeitet zum Beispiel eine detaillierte Matrix für den künftigen Krisenmanagement- Prozess hinsichtlich der Tätigkeit und Verantwortlichkeiten je Organisations- einheit aus.“ TECHNISCHE AUSSTATTUNG WIRD DRINGEND BENÖTIGT Die Gesundheitsämter benötigten bun- desweit eine ausreichende technische Ausstattung, fasste Teichert die Proble- me zusammen. Deshalb begrüße der BVÖGD ausdrücklich, dass auch hier in dem Pakt für zusätzliche Mittel bereitgestellt werden sollen. Und die in den Gesundheitsämtern beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten auch entsprechend aus- und fortgebildet werden: „Auch hierfür sind Kapazitäten einzuplanen.“ pr GRUPPENPROPHYLAXE IN DER CORONA-KRISE „Zahnmedizinische Gruppenprophylaxe lebt von der Interaktion mit der Zielgruppe, der Nachahmung, dem Vorbild und dem Ritual. Dies findet vereinzelt wieder statt. Hier kommt einem momentan die wärmere Jahreszeit zugute. Im Freien, bei guter Durchlüftung und unter weiteren Schutz- maßnahmen findet zahnmedizinische Gruppenprophylaxe statt. Die Hygienekonzepte der einzelnen Einrichtungsträger haben sich der „neuen Normalität“ angepasst, wurden abgestimmt und gemäß der existierenden Schutzverordnungen für gut befunden, so dass mit mehr Abstand und Schutz- maßnahmen wie zum Beispiel einem Visier gearbeitet werden kann. Ich erwarte aber zu weiteren Details die Ergebnisse von Studien in den Kitas und Schulen ab, aus denen hoffentlich konkrete Hilfestellungen hinsichtlich Risiken und Lösungen abgeleitet werden können. Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei der SARS-CoV-2-Infektion um eine systemische Erkrankung mit erheblichen Folgewirkungen handelt. Ich empfehle deswegen bei der Aufnahme der Tätigkeiten im Rahmen der Zahnmedizi- nischen Gruppenprophylaxe die Einbindung des betriebsärztlichen Dienstes, der Arbeits- sicherheit und des Gesundheitsschutzes (Infektionsschutz).“ Dr. Michael Schäfer „Die BZÄK hat sich seit Jahren dafür eingesetzt, dass der ÖGD nicht nur erhalten sondern auch die personellen Kompetenzen insbesondere in den vor Ort vorhandenen Strukturen ausgebaut werden müssen. (...) Hätte man bereits damals darauf gehört, wären mehr Ressourcen erhalten geblieben.“ Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. 22 | POLITIK

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