Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 110, Nr. 15-16, 16.8.2020, (1482) MKG-CHIRURGIE Mukoepidermoidkarzinom des Unterkiefers – seltene Differenzialdiagnose ausgedehnter Kieferosteolysen Andreas Pabst, Axel Mayer, Gunnar Müller, Richard Werkmeister Das Mukoepidermoidkarzinom (MEK) ist der häufigste maligne Tumor der großen Speicheldrüsen und bevorzugt in der Glandula parotidea lokalisiert. Dieser Patientenfall zeigt ein ausgedehntes MEK des aufsteigenden Unterkieferastes, das eine besondere differenzialdiagnostische und therapeutische Herausforderung darstellte. E twa 0,5 Prozent aller malignen Neoplasien und 5 Prozent aller Kopf-Hals-Malignome sind Tu- moren der Speicheldrüsen[Yang et al., 2019]. Das MEK, das histopathologisch den epithelialen Tumoren zugeordnet wird, macht dabei circa 40 Prozent aller malignen Neoplasien der großen Kopfspeicheldrüsen aus und bis zu 50 Prozent der malignen Neoplasien in der Glandula parotidea [Byrd et al., 2013; Nawroz et al., 2019]. Bei den großen Kopfspeicheldrüsen folgen hinsichtlich der Häufigkeit der Lokali- sation in absteigender Reihenfolge die Glandulae submandibulares und die Glandulae sublinguales. Das MEK kann auch von den kleinen Speicheldrüsen ausgehen, wobei es dann meist am Hartgaumen lokalisiert und in der klinischen Differenzial- diagnose vom Adenoid-zystischen Karzinom (ACC) abzugrenzen ist. Dabei scheinen Frauen etwas häufiger betroffen zu sein als Männer. Das mitt- lere Erkrankungsalter liegt um das 50. Lebensjahr. Eine wichtige und prognose- relevante Differenzierung erfolgt in low-grade- (> 50 Prozent muzinbildende Zellen) und high-grade-Tumoren (Epidermoidzellen dominieren, < 10 Prozent muzinbildende Zellen), wobei der low-grade-Typ der häufigste Typ ist [Byrd et al., 2013]. Männer haben offenbar im Vergleich zu Frauen ein deutlich höheres Risiko für aggressive high-grade-Tumoren. Zervikale Lymph- knotenmetastasen werden bei der Erst- diagnose des MEK in weniger als 10 Prozent der Fälle beobachtet. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate beträgt circa 79 Prozent, wobei diese – ab- hängig von verschiedenen Faktoren wie Grading – deutlich variieren kann. Insgesamt werden das histopatholo- gische Tumor-Grading und mögliche (Lymphknoten-)Metastasen als die wichtigsten prognostischen Marker beschrieben [Byrd et al., 2013]. KASUISTIK Eine 78-jährige Patientin stellte sich mit einer zunehmenden Kieferklemme und Schmerzen im linken Unterkiefer vor. Anamnestisch war vor einigen Jahren nach der Behandlung eines duktalen Mammakarzinoms und einer histologisch gesicherten, ossären Metas- tasierung im Os ilium die Bestrahlung mit insgesamt 45 Gy eines Metastasen- suspekten Befunds in regio 38 ohne vorherige histologische Befundsicherung erfolgt. OBERSTABSARZT DR. MED. DR. MED. DENT. ANDREAS PABST Klinik VII; Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie Bundeswehrzentralkrankenhaus Rübenacherstr. 170, 56072 Koblenz Andreas1Pabst@bundeswehr.org Foto: BWZK Foto: BWZK Abb. 1: Die Panorama- schichtaufnahme zeigt zum Zeitpunkt der Erst- vorstellung der Patientin eine ausgedehnte Osteolyse des linken aufsteigenden Unter- kieferastes in enger Lagebeziehung zum retinierten und verlagerten Zahn 38 (weißer Kreis). 24 | ZAHNMEDIZIN

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