Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 110, Nr. 15-16, 16.8.2020, (1492) KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER ZAHNARZTPRAXIS Dieser Assistent macht 24/7 seinen Job Manche Patienten haben die genauen Sprechzeiten nicht im Kopf, viele erwarten heute auch einfach, dass die Praxis rund um die Uhr erreichbar ist. Tatsache ist: Immer mal wieder bleibt ein Anruf unbeantwortet, weil keiner rangeht. Ist ein Telefonassistent die Lösung? D as Telefon klingelt. Die Rezeption ist aber noch nicht besetzt. Oder es herrscht Hochbetrieb. Oder ein Notfall beansprucht gerade alle Kapazitäten. Oder oder oder. Immer wieder kommt es vor, dass Patienten anrufen und nicht durchkommen. Mögliche Lösung: ein Telefonassistent, basierend auf künstlicher Intelligenz. Das Start-up Aaron aus Berlin hat einen solchen Assistenten entwickelt: Aaron.ai ist individuell programmier- bar und deshalb auch lernfähig – er kann zum Beispiel aktuell Hinweise zum Corona-Virus aufnehmen und ei- nen freisprachlichen Dialog führen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat die Software als innovative Anwendung ausgezeichnet und testet sie gerade in den Praxen. Integriert in die bestehende Telefon- anlage wird Aaron.ai über eine Ruf- weiterleitung. Je nach Einstellung kann er beliebig viele Anrufe gleich- zeitig annehmen. Per App kann die Praxis einstellen, zu welchen Zeiten der Assistent anspringen soll – und ihn dann je nach Bedarf ausstellen. Zu Beginn des Gesprächs fragt der Assistent gemäß Datenschutz-Grund- verordnung (DSGVO) nach dem Ein- verständnis zur Aufzeichnung des Anrufs. Danach wird der Patient mit- hilfe ausgewählter Fragen durch das Telefonat geleitet. Da der Assistent auf Fragen der Patienten „trainiert“ wird, sind die Fragen erweiterbar. Die Kategorisierung – etwa nach Termin- vereinbarung, Rezeptverlängerung oder einer Notfallbehandlung – dient dazu, die Praxisorganisation zu verein- fachen und kann auf Wunsch verfei- nert werden. Wie sich der Assistent anhören soll, kann man sich aussuchen: Es gibt ver- schiedene Stimmen. Keine klingt nach einem Roboter aus der Callcenter- Warteschleife, man vermutet tatsäch- lich einen echten Mitarbeiter. MIT DEM PROGRAMM IST DIE PRAXIS IMMER ERREICHBAR Eine Zahnarztpraxis, die mit diesem Programm arbeitet, ist Dr. Schlotmann in Dorsten. Das Team von Luca und Dr. Lennart Schlotmann schaltet den Assistenten von 6.30 Uhr bis 21 Uhr. Die Praxis profitiert vor allem während der Stoßzeiten von der Entlastung am Telefon, sagt Kerstin Kläsener, Leiterin der Rezeption: „Das Programm macht uns unabhängig in der Erreichbarkeit. Wir verpassen so keinen eingehenden Anruf mehr. Die Patienten haben das Gefühl mit ihrem Anliegen wahrge- nommen zu werden.“ Nach zwei Jahren ist die Bilanz der Praxis positiv. Anfangs wurde an den Einstellungen noch etwas gedreht, aber nach einer Gewöhnungsphase kamen alle damit zurecht, auch ältere Patienten. Praktisch findet Kläsener, dass das Programm jeden Anruf proto- kolliert, das Anliegen des Patienten ver- schriftlicht und wie eine Art Messenger auf den Bildschirm des Mitarbeiter-PCs schickt. „Das spart uns die Zeit des Ab- hörens und Kategorisierens.“ Zum Teil müssen Patienten auch gar nicht zurückgerufen werden, sondern erhalten eine aus dem System generierte und von den Mitarbeitern freigegebene SMS – zum Beispiel für den angefrag- ten Kontrolltermin, erklärt Richard von Schaewen, Geschäftsführer der Aaron GmbH. „Ein potenzieller neuer Patient wird in jedem Fall mit seinem Anliegen angenommen und geht so- mit nicht an die Konkurrenz verloren, unabhängig davon, ob die Rezeption besetzt ist.“ Künstlich intelligent sei die Software deshalb, weil sie die Spra- Foto: AdobeStock_ tippapatt Die eingehenden Anrufe werden getrackt und können abgehört werden, sobald Mitarbeiter dafür Zeit haben. 34 | PRAXIS

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